Edison – Ein Leben voller Licht (USA 2017)

„Ich, Thomas Alva Edison, reiche heute, am 27. Januar 1880, diese Kurzfassung meines Patentantrages beim Patentamt der Vereinigten Staaten von Amerika ein. Bei meiner Erfindung handelt es sich um den einzigartigen Entwurf eines gläsernen Vakuumkolbens, in dem sich ein dünner Baumwollfaden befindet, dessen Enden an Stäben befestigt sind und einen Bogen formen. Einzelheiten und schematische Darstellungen folgen. Sie werden sämtliche Aspekte der Erfindung deutlich machen. Ihr Zweck ist ganz einfach: Licht zu spenden.“

Mit diesen Worten beginnt der Film Edison – Ein Leben voller Licht (USA 2017; Drehbuch: Michael Mitnick, Regie: Alfonso Gomez-Rejon). Sie kommen aus dem Off, während das Bild gemächlich auf einen fahrenden Personenzug überblendet. Ausgangspunkt der Blende war das erste, fast statische Bild des Films: Edison, wie er, umtost von einem Schneesturm, in etwas zurückgenommener – heute würde man sagen: in lässiger Heldenpose dasteht und der Welt kämpferisch entgegenblickt. Als einsamer Wolf inmitten der um ihn wütenden Natur.

Der Zug ist „beladen“ mit Investoren. Ziel des Zuges ist Menlo Park, die Forschungsfabrik Edisons. Hier tüfteln Hunderte von begabten bis besessenen Technikern an den Ideen, die Edison hat. Dort wurde auch der erwähnte „gläserne Vakuumkolben“ – vulgo: die Glühbirne – ausgeheckt. Edison führt sie in einen archaischen Kreis, nur dass hier nicht Hinkelsteine den Kreis bilden, sondern Säulen, auf deren Kapitellen Glühbirnen sitzen. Das Bild – der Film zeigt es von oben – ist (natürlich) gewaltig: Ein Stonehenge aus elektrischem Licht.

Das war gleichsam der Prolog des nachfolgenden Stromkriegs – des Current War, so der Originaltitel des Films. Bei The Current War handelt es sich um ein Wortspiel: Die wörtliche Bedeutung ist Der Stromkrieg; current = Strom (Alternating Current = Wechselstrom; Direct Current = Gleichstrom); der Begriff Stromkrieg ist eingegangen in die amerikanische Geschichte als Kampf bei der Elektrifizierung des Landes zwischen Thomas Edison (Verfechter des Gleichstroms) und George Westinghouse (Vertreter des Wechselstroms). Und das ist auch die vordergründige Handlung des Films: Edison, der nach Erfindung der Glühbirne alles daran setzt auch sein System der Stromversorgung durchzusetzen, das auf Gleichstrom beruht. Westinghouse hingegen setzt auf Wechselstrom, dessen Infrastruktur sehr viel effektiver und billiger zu verwirklichen ist. Diesen Krieg der Systeme gewann (natürlich) Westinghouse: Bis heute basiert die Stromversorgung weltweit auf dem System Westinghouse (und wird das vermutlich auch die nächsten 1000 Jahre tun, gleichgültig, wie der Strom hergestellt werden mag).

Aber The Current War hat eine weitere Lesart: The Current War steht auch für den gegenwärtigen Krieg (current = aktuell, derzeit, rezent), den Krieg also, der aktuell stattfindet, den Krieg, der uns alle derzeit umtreibt – und dessen Spuren allenthalben … na ja: eben gegenwärtig sind.

Und so gesehen, öffnet der Film (für die Verhältnisse, die derzeit, schon wieder dieses Wort, in Hollywood vorherrschen) ganz andere Dimensionen.

Auch diese Geschichte beginnt mit einer Zugfahrt: Edison sitzt mit seiner Familie in einem Zug Richtung Washington D. C. Dort angekommen, spricht der Präsident einen albernen Reim in den Edison’schen Phonographen. Hinter den Kulissen erhält Edison ein Millionenangebot, das er jedoch – laut und wiederholt – ablehnt, weil er es für „inakzeptabel“ hält. Es geht um die Entwicklung von Waffen. Aber Edison hat da ganz klare Prinzipien: „Wenn es Geräte gibt, die ich niemals bauen werde, dann solche, die Menschen töten. Das ist barbarisch.“ Der Film kommt in der Anfangsphase immer wieder auf diese Edison’sche Moral zurück: „Meine Erfindungen“, so Edison später, „funktionieren. Und wenn sie funktionieren, ist es mir lieber, wenn sie keinen umbringen.“ Oder: „Mein Gehirn wird nichts erfinden, was den Menschen Schaden zufügt.“

Der Präsident beim Reimen …

Aber als er durch den Erfolg von Westinghouse – immer mehr Städte der USA entscheiden sich für den Wechselstrom –, in Bedrängnis gerät, vergisst Edison zunehmend seine einstigen Ideale. Was schließlich so weit geht, dass er nicht einmal mehr vor Lug und Betrug (und Heuchelei) zurückschreckt.

Es beginnt – wie meistens – mit heuchlerisch zugesicherter Moral. Bei Edison der schon erwähnte Satz: „Mein Gehirn wird nichts erfinden, was den Menschen Schaden zufügt.“ Dieser Satz fällt bei einer Firmenbegehung gegenüber einer Handvoll Journalisten. Einer dieser Journalisten fragt nach: „Sie sagen also, Westinghouse will den Menschen Schaden zufügen?“

Worauf Edison erwidert: „Nein, ich darf das nicht sagen.“ Ein angedeutetes Lächeln (vielleicht auch schon ein Grinsen), dann: „Sie schon.“

Danach steigert er sich langsam: Er tötet, vor Pressevertretern, per Wechselstrom ein Pferd, um die Gefährlichkeit des Wechselstroms zu demonstrieren (was er „Westinghousen“ nennt). Als in einer Westinghouse-Firma ein Arbeiter an einem Stromunfall stirbt, nutzt er das sofort für seinen Feldzug gegen den Wechselstrom und „argumentiert“ auch hier mit heuchlerischer Moral: Er sei – über diesen Unfall – weniger traurig als vielmehr wütend, weil er ja hätte verhindert werden können, wenn man sich erst gar nicht auf Wechselstrom eingelassen hätte und so weiter blabla.

Endgültig überschreitet Edison den Rubikon, als ein gewisser Southwick Brown von der Kommission für Todesstrafen (zum zweiten Mal) an ihn herantritt. Brown ist daran gelegen, die Hinrichtung von verurteilten Delinquenten möglichst human zu gestalten. Wozu es auch allen Grund gibt, denn die übliche Hinrichtung durch den Strang zeichnete sich vor allem durch Pfusch aus: die Delinquenten starben „entweder durch Ersticken oder sie wurden gewaltsam geköpft“. Als er sich zum ersten Mal an Edison gewandt hatte – während der Pferde-„Hinrichtung“ –, wurde er noch brüsk abgewiesen, weil Edison immerhin noch einen Unterschied zwischen einem Pferd und einem Menschen sah.

Als er jetzt – inmitten des Stromkriegs – an ihn herantritt, hat er noch immer das gleiche (ehrenwerte) Anliegen. Zusätzlich weiß er aber auch, wie er es durchsetzen könnte: Ein Delinquent in Buffalo – er hat seine Frau mit der Axt erschlagen – steht zur Hinrichtung an, und Brown will von Edison „nur“ dessen Rat in Detailfragen – „wo setzt man die Elektroden an, wieviel ist noch menschenwürdig“. Im Gegenzug bietet er etwas an, von dem er weiß, dass Edison es sich wünscht: „Ich werde zum geeigneten Zeitpunkt bekannt geben – und das ganz offiziell –, dass es die Stromart von Westinghouse ist, die zum Töten von Menschen eingesetzt wird.“

Jetzt wäre der Zeitpunkt für Edison, dem Ganzen ein Ende zu machen. Und er weiß es; man sieht es ihm an. Aber er tut es nicht. Stattdessen geht er auf das unmoralische Angebot ein: „Mein Name darf in diesem Zusammenhang niemals genannt werden“, sagt er. Und weiter: „Sie haben von mir keine Ratschläge erhalten und Sie werden verlauten lassen, dass der Strom von Westinghouse die beste Art ist, Leute umzubringen.“ Und zum Schluss weist er Brown noch ausdrücklich darauf hin, die Korrespondenz, die es bisher zwischen ihnen gegeben hat, zu verbrennen.

Der Film treibt es noch weiter. Als die Hinrichtung schiefgeht und zur Schlächterei wird, die man eigentlich verhindern wollte, ist Edison wieder zur Stelle und auf der richtigen Seite: Er habe es ja schon immer gewusst …

Westinghouse

Trotz allem schließt der Film versöhnlich.

Wir befinden uns auf der Weltausstellung in Chicago 1893. Für die Stromversorgung der Ausstellung hatten sich sowohl Westinghouse als auch Edison beworben; den Zuschlag erhielt Westinghouse – es war der Durchbruch für sein System. Und in diesen letzten Minuten gelingt dem Film – auch angesichts seiner beiden Hauptdarsteller – etwas ganz Ungewöhnliches.

Westinghouse und Edison begegnen sich zufällig in der Ausstellung. Sie befinden sich vor der eingezäunten chinesischen Vertretung; eine alte Chinesin kalligraphiert innerhalb des umzäunten Areals chinesische Schriftzeichen.

Es ist Westinghouse, der das Gespräch mit ein paar Belanglosigkeiten eröffnet. Aber Edison ist es unmöglich, auf diese Höflichkeitsfloskeln einzugehen, und kommt deshalb gleich zur Sache: „Es ist ein seltsames Gebilde, so ein Zaun, oder? Der Nachbar errichtet einen, und aus einem Großenganzen werden zwei Teile … Es gibt dabei nur ein Problem: Die Person auf der einen Seite hat den Zaun entworfen … und auch aufgebaut und sogar dafür bezahlt. Trotzdem bekommt die andere Person einen wunderschönen Zaun ganz umsonst.“

„Ich“, erwidert Westinghouse, „habe Ihnen Ihre Idee nicht weggenommen.“

Die Idee ist natürlich die Glühbirne. Und dann stellt Westinghouse eine Frage, die Edison verwirrt; es fällt ihm sichtlich schwer zu verstehen, dass ein Mann wie Westinghouse eine solche Frage überhaupt stellen kann.

Wenn diese Frage heutzutage auch allzu abgegriffen scheint (weil einfach zu oft und bei allen, also auch bei unpassenden Gelegenheiten gestellt), ist es doch eine Frage, die man einem Künstler stellt und nicht einem Erfinder.

Begegnung auf der Weltausstellung

„Ich habe mich gefragt“, so Westinghouse, „wie es sich anfühlte … das mit der Glühlampe … als Sie’s wussten. Was war das für ein Gefühl in diesem Moment?“

Die Erwiderung Edisons ist zweifellos der schönste Moment dieses Films – aber auch noch sehr viel mehr. Edison schildert, ganz an der Oberfläche des Technikers bleibend, wie man über Jahre hinweg Tausende, ja Zehntausende von Glühfäden probiert und keiner von ihnen je länger als 10 Minuten durchgehalten hat. Aber dann kam eben der eine, der alle anderen übertraf: 20 Minuten, 40 Minuten, eine Stunde, 10 Stunden … und schließlich über 13 Stunden.

Er, Edison, ist sich dessen nicht bewusst, aber er schildert hier einen künstlerischen Prozess: Wo besteht hier noch ein Unterschied zu einem Bildhauer, der aus einem Steinblock ein Porträt schlägt? Der Künstler sieht in dem ungeformten Block bereits das Endergebnis, die Statue, das Bildnis, die Büste. Woher etwa wusste Edison, dass es ein Material gibt, das länger als ein paar Minuten durchhält? Oder dass es überhaupt ein Material gibt, das sich als Glühfaden eignet?

Die Mimik von Westinghouse, drückt all diese Fragen, während Edisons Monolog, sehr beredt aus. Nachdem Edison zu Ende gekommen ist, bemerkt Westinghouse: „Ich glaube, es könnte eine Lösung sein, wenn man die Kosten für den Zaun teilen würde. Oder wenn man ihn gar nicht erst errichtet. Ihr Garten wäre dann doppelt so groß, nicht wahr, Tom?“

Edison braucht lange, bis er darauf etwas erwidern kann, dann nickt er andeutungsweise, schließlich: „Es war mir ein Vergnügen. Genießen Sie die Ausstellung, George.“

Fazit: Die Glühlampe wird hier zu David, Edison zu Michelangelo. Und Westinghouse zu Lorenzo de Medici.

Replicas (USA 2018)

Der Film Replicas (Drehbuch: Chad St. John, Regie: Jeffrey Nachmanoff) hat zweifellos seine Schwächen, doch das erklärt den Flop, der er wurde, nur zum kleineren Teil. In den USA spielte der 30 Millionen Dollar teure Film nur magere 4 Millionen ein. Nach diesem US-Fiasko kam der Film in Deutschland erst gar nicht in die Kinos, sondern sofort in die DVD-Verwertung. Weltweit erreichte Replicas nur ein Einspielergebnis von 9 Millionen Dollar.

Die Zuschauer blieben also weitgehend aus, und die wenigen, die den Film gesehen haben, zeigten sich nicht begeistert. (Auf imdb.com erreicht der Film grade mal 5,5 von 10 Punkten.) Klonen und KI sind natürlich schwierige Themen, und der Film macht es einem auch nicht leicht. So verweigert er sich zum Beispiel einer klaren moralischen Aussage (was so manchen Kritiker irritierte). Allerdings bleibt unklar, ob Drehbuch und Regie das alles auch beabsichtigt haben oder sich einfach von ihrem Action-Plot treiben ließen …

Bionyne Industries, Arecibo, Puerto Rico. In die „experimentelle Forschungseinrichtung“ wird ein Polizist eingeliefert, gestorben bei einem Einsatz. Er wird vorbereitet für die Übertragung seines Bewusstseins in einen künstlichen Körper, sprich: in einen Robot (das heißt in dessen synthetisches Gehirn). Doch als der Geist des Polizisten im Robot-Körper erwacht, dreht er durch und reißt seinen mechanischen Körper in Stücke. Für den Neurowissenschaftler William Foster ist das nicht der erste Fehlschlag, auch wenn er diesmal etwas weitergekommen ist, denn der Robot hat, bevor er sich selbst zerlegte, immerhin ein paar Sätze gesprochen.

Kurz vor dem Fehlschlag …

Trotz dieses Fehlschlags wird er von Jones, dem Leiter der Einrichtung, mit herzlichen Wünschen an die Familie ins Wochenende geschickt. Bei dem familiären Ausflug geschieht dann das quasi Unvermeidliche: Der Wagen gerät von der Fahrbahn. Bei dem anschließenden Unfall sterben die drei Kinder samt ihrer Mutter; nur der Vater, William Foster, überlebt.

Und der überspielt, mithilfe Ed Whittles, seinem Assistenten (der sich bei allem, was er tut, sichtlich unwohl fühlt), den Geist seiner toten Familienmitglieder in (mobile) elektronische Speicher. Aber Foster will mehr: Er will seine Familie zurück. Daher klont er, in entsprechenden Tanks, die Toten, um das elektronisch gespeicherte Bewusstsein zu übertragen. Doch das ist ihm bisher – wie die Eingangssequenz des Films zeigt – nicht gelungen. Er hat 17 Tage Zeit, um dieses Problem zu lösen, denn so lange dauert es, bis die Klone ausgereift sind.

Durch Zufall kommt er – die 17 Tage sind abgelaufen – darauf, warum er bisher am Übertragungsproblem gescheitert ist. Er hat bereits die Todesspritze aufgezogen, um Mona, seine Frau, das heißt natürlich den Klon seiner Frau, der geistig leer, weil ohne Bewusstsein ist, zu töten, weil es ihm nicht gelingen will, des Übertragungsproblem zu lösen. Da klingelt sein Handy. Es ist Jones. Zufällig legt William während des Gesprächs, das im Übrigen belanglos ist, seine Hand auf die Monas. Worauf das EEG auf dem Monitor Wellen produziert. Er spielt sich – parallel zum Gespräch mit Jones – herum: hebt die Hand, senkt sie wieder auf die Monas. Immer wenn er Mona, das heißt ihren Körper (der über keinerlei Geist verfügt) berührt, reagiert das EEG.

Die Quintessenz daraus: „Wir haben die ganze Zeit an der falschen Stelle gesucht“, erklärt er Ed Whittle. „Es ist nicht das Gehirn und auch nicht der Verstand; es ist der Körper.“ Es läuft – dann doch etwas schlicht gedacht – darauf hinaus, dass das Problem der Übertragung „wie das Abstoßen eines Spenderorgans“ ist. Um ein Bewusstsein in ein Robot-Gehirn zu übertragen ist es demnach nötig, diesem Gehirn vorzugaukeln, dass es zu einem echten biologischen Körper aus Fleisch und Blut gehört. Und was Fosters Familie angeht: Da gibt es keine Probleme, da die Klone ja Körper aus Fleisch und Blut sind.

Es folgt der zweitschönste Moment des Films: William Foster erweckt seine Frau Mona zum Leben. Aber natürlich führt das auch zurück in die Anfangstage der Science Fiction: Victor Frankenstein benötigte die Energie des Blitzes, um sein Geschöpf – zusammengesetzt aus Leichenteilen, sozusagen die Frühform des Klonens – ins Leben zu holen, William Foster belebt Monas Körper, indem er ihn mit Bewusstsein füllt …

Womöglich erwartet der gemeine Kinogänger an dieser Stelle die üblichen, quasi unvermeidlichen Handlungsstränge, die in der Regel darauf hinauslaufen, dass der Klon, das menschliche Konstrukt, irgendwie zugrunde geht oder zumindest leidet … Aber nichts dergleichen. Der Film verweigert sich nicht nur, er wird sogar ironisch, indem er ein paar Klon-Witzeleien anbringt (und selbst die gröberen darunter sind noch amüsant).

Dennoch nimmt der Film „seine“ Klone ganz und gar ernst (vergleichbar mit dem ersten Film dieser Art: The 6th Day). Denn als sich William Foster gezwungen sieht, seine Frau Mona einzuweihen, ihr also zu sagen, dass sie ein Klon ist, wird das zum schönsten Moment des Films, vielleicht ein wenig kitschig, aber nicht allzu sehr: Mona, obgleich eine leise Träne fließt, umschließt seine Hand und – vertraut ihm; ganz und gar.

Wir müssen reden …

Danach wird’s hektisch, denn Mr. Jones, der von Anfang an Bescheid wusste, was im Hause der Fosters vorgeht, ist der Meinung, dass die „drei Probleme“, also Mona und ihre Kinder, sterben müssen. (Die Killer stehen schon bereit.) Einerseits wird der Film dadurch zum Actionfilm, andererseits verliert er dabei – überraschenderweise – nichts von dem, was ihn ausmacht.

In gewisser Weise findet er in dieser letzten halben Stunde sogar zu seinem Kern: Die Fosters – Vater, Mutter, 2 Kinder – laufen zur Höchstform auf. Sie tricksen und täuschen den Gegner, und können das nur, weil sie sich untereinander völlig vertrauen. Das funktioniert sogar, als sie den so zusagen letzten Schergen des Mr. Jones gegenüberstehen. Denn es sind die Fosters, die den Showdown überleben!

Fazit: Ein Liebes- und Familienfilm, der so tut, als sei er ein Techno-Thriller (eventuell ist es auch umgekehrt). Überraschend daran ist, dass es auch funktioniert (wie rum auch immer).

PS: Warum zuerst von drei, dann von zwei Kindern die Rede ist, gehört zum Plot des Films. (Vermutlich zu jenem Teil, der den Zuschauern übel aufgestoßen ist.)

REPLICAS Trailer deutsch

The Midnight Sky (USA 2020)

Drei Wochen nach der Apokalypse – hier schlicht als „das Ereignis“ bezeichnet – hält sich Augustine Lofthouse allein in einem arktischen Observatorium auf. Vermutlich ist er der letzte Mensch auf Erden, denn das Ereignis hat die Menschheit (wieder einmal) dahingerafft; was das Ereignis denn nun war, teilt uns der Film The Midnight Sky (Drehbuch: Mark L. Smith, Regie: George Clooney) nicht mit.

Als die Station evakuiert wurde, blieb Lofthouse freiwillig auf ihr zurück, um eine sozusagen letzte Aufgabe zu erledigen: Die Besatzung der Aether davor zu warnen, zur Erde zurückzukehren. Er versteht das als seine Pflicht, denn er war es, der die Mission dieses Raumschiffs einst entworfen hat. Die Aether war vor Jahren nach K-23 aufgebrochen, einem „Planeten“ (wie immer wieder behauptet wird), der um Jupiter kreist und Hoffnung machte, dass er eine zweite Heimat für die Menschheit werden könnte. Jetzt befindet sich die Crew auf dem Rückweg zur Erde – zur toten Erde, aber das weiß die Crew nicht. Lofthouse will sie zur Umkehr – also zurück nach K-23 – bewegen.

Daraus könnte man ja durchaus nicht nur einen spannenden, sondern sogar einen halbwegs tiefgründigen Science Fiction-Film machen. The Midnight Sky schafft leider weder das Eine noch das Andere.

Der Film plätschert einfach dahin. Und mehr als einmal hat man den Eindruck, dass er das verdammtnochmal will. Die Macher halten das für cool, also für künstlerisch wertvoll. Man schneide möglichst lange Takes, möglichst viele davon hintereinander – dann kommt irgendwie, irgendwann schon etwas dabei heraus. Scheiß auf Plot oder Charaktere. Hauptsache irgendwas mit Langsamkeit. Immerhin kommen auf diese Weise – und das muss man neidlos anerkennen – viele schöne Bilder zustande.

Ab 1:09 (nach einer Stunde und neun Minuten) produziert der Film sogar sensationell schöne Bilder. Der Aether nähert sich ein Meteoriten-Schwarm, also Kleinkörper, die, sind sie nur groß und/oder schnell genug, die Hülle des Schiffs durchschlagen. Es wird ein Außenteam zusammengestellt, das die schon entstandenen Schäden ausbessern soll. Vermutlich hat man noch nie eine Crew vor so großartiger Kulisse agieren sehen. Leider ist das schon nach ein paar Minuten wieder vorbei.

Schöne Kulisse …

Aber selbst diese Szene zeigt nicht, was aus diesem Film hätte werden können. Denn 1. hat sie nichts mit dem Plot zu tun (sie ist einfach nur schön anzuschauen), 2. gelingt es dem Film nicht einmal da, dass man mit den Charakteren mitgeht und 3. kann sich der Film auch hier das EVA-Klischee nicht verkneifen (ein Astronaut kommt beim Außenbordmanöver [= EVA] um, so wie hier und hier und …)

Auch in astronomischen Details fällt eine gewisse Schludrigkeit auf. So etwa wird K-23 als ein neu entdeckter Jupitermond vorgestellt – im Film ständig als „Planet“ bezeichnet, was aber nicht das Problem darstellt. Das ist vielmehr, dass dieser Mond offenbar für menschliches Leben geeignet ist, was dann aber bedeutet, dass er eine gewisse Masse aufweisen müsste. Die mindestens so groß wäre wie die Masse der bisher bekannten vier großen Jupitermonde. Und das hieße, dass er schon seit Jahrhunderten von der Erde aus beobachtbar wäre und keinesfalls eine Neuentdeckung darstellen könnte. – Und als sich die Astronauten für die erwähnte EVA bereitmachen, äußert eine Astronautin ihre Bewunderung über den Ausblick, der sich ihr bietet; der Film schneidet, um das zu illustrieren, das riesige Bild einer ganzen Milchstraße rein. Wir sind aber im Sonnensystem, und da passt nicht einmal ein zweiter Stern zwischen Jupiter und der Sonne. Alles das sind vielleicht nur Kleinigkeiten, aber in Summe findet harastos sie einfach nervig.

Fazit: Lauter Halbheiten: keine richtige Astronomie, keine richtigen Charaktere, kein richtiger Plot. (Nur ein paar schöne Bilder.)

Lucy in the Sky (USA 2019)

Lucy, die Astronautin, die gerade von einem Flug mit dem Space Shuttle zurückgekehrt ist, findet sich im profanen Leben auf der Erde nicht mehr heimisch. Alles ist schal, langweilig, absehbar. Leider fällt Lucy in the Sky (Drehbuch Brian C. Brown & Elliott DiGuiseppe; Regie Noah Hawley) wenig mehr ein, als diese Leere mit Bildern belangloser Szenen und Dialogen zu illustrieren. Da fällt es mitunter schon schwer, dabei zu bleiben …

Aber nach etwas über einer Stunde wacht man plötzlich auf. Lucy sitzt mit ihrem Liebhaber Mark, ebenfalls Astronaut, auf dessen Veranda. Sie sprechen über Liebe, Sex und ihren Job. Der Dialog gipfelt in Marks Analyse ihres Zustands:

Natalie Portman and Jon Hamm in the film LUCY IN THE SKY. Photo by Hilary B. Gayle. © 2019 Twentieth Century Fox Film Corporation

„Du warst im Weltall. Und hast diese gewaltige Unendlichkeit des Himmels gesehen; und es hat dich um den Verstand gebracht. Und jetzt ergibt nichts mehr einen Sinn. Aber das gute alte Hirn … tja, das Hirn weiß nicht, dass du eine existenzielle Krise hast, und will nur, dass wir ficken. Weil es sich gut anfühlt. Also konzentrierst du dich darauf. Auf dieses Gefühl, weil es sich echt anfühlt.“

Die Szene endet damit, dass sie von ihm mehr von „diesem Gefühl“ will. Danach sind wir dabei, wie Lucys Geist, immer diesem Gefühl hinterher, langsam zerfällt. Am Ende steht sie auf einem Dach, bereit zu springen. Oder zu fliegen …

Aber selbst bei diesem Abstieg ins Finstere bleibt der Film sich treu: Viel Leerlauf, quasi ein gemütliches Dahingleiten in nie ganz stimmigen Metaphern und Sentenzen. Aber Leere durch Leere abzubilden, ist selten eine gute Idee.

Fazit: Ein mittelmäßiger Film mit genau einem großen Moment.

It came from the Desert (FIN 2018)

Wieder einmal geht’s um Monster. Diesmal sind es die guten alten Kreaturen eines verrückten Wissenschaftlers. In It came from the Desert des Finnen Marko Mäkilaakso (von dem die Idee stammt und der auch Regie führt) sind es Ameisen, Riesen-Ameisen, versteht sich. Sie wurden in einem geheimen Programm in den 50ern zur Landesverteidigung entwickelt.

Natürlich haben die Biester in einer aufgelassenen unterirdischen Fabrikanlage die Zeiten überlebt und sind gerade dabei, Eier zu produzieren. Dazu benötigen sie Ethanol, d. h. Alkohol. Da trifft es sich gut, dass ein Haufen von Motorrad-Freaks in der Wüste eine Party steigen lässt, bei der der Alkohol natürlich reichlich fließt.

Noch ein kräftiger Schluck, bevor es zur Sache geht …

Und bald auch das Blut, denn Ameisen sind ja nicht dämlich, und so dauert es nicht lange, bis die ersten „Partygäste“ auftauchen. Es werden sehr schnell sehr viel mehr; der Kampf, der bald folgt, ist kurz und unschön. Aber immerhin bringen die Ameisen ihre Opfer nicht einfach um, sondern schleppen sie in ihre Bleibe, um sie dort in Kokons einzuspinnen. Als Futtervorrat für die erwartete Ameisenbrut.

Damit sind wir bei der Hälfte des Films angekommen. Die zweite Hälfte besteht folgerichtig darin, den Ameisen zu zeigen, wo auf diesem Planeten der Hammer hängt … Auch hier gilt: keine Spur von Originalität, aber dennoch kommt beim Anschauen der allseits bekannten Klischees keine schlechte Laune auf.

Fazit: Gute CGI in einem überschaubaren Plot. Und streckenweise sogar witzig.