Der Eindruck, der sich einem zur Zeit aufdrängt, täuscht nur wenig: Wo man (in TV und Kino) auch hinkommt – MARVEL ist schon da. Waren die 1990er das Jahrzehnt Star Treks, die 2000er das Jahrzehnt Harry Potters und des Herrn der Ringe, gebiert das laufende Jahrzehnt gerade ein neues, quasi alternatives Universum: das der MARVEL-Superhelden, zusammengeführt in einer ganzen Reihe von Kinofilmen und Fernsehserien. Das Ganze läuft unter der Bezeichnung MARVEL Cinematic Universe (MCU) und begann 2008 mit dem Film Iron Man; der Einschub cinematic = filmisch soll wohl darauf hinweisen, dass das MCU von den Comics aus den 1960er Jahren, auf denen es beruht, teilweise deutlich abweicht.
Ant-Man (der 1962 im Comic seinen ersten Auftritt hatte) ist der 12. Film des MCU; zehn weitere sollen bis 2019 folgen. Ant-Man spielt nach der Schlacht von New York (The Avengers, 2012), und der Zerschlagung SHIELDs durch HYDRA (Agents of SHIELD, TV-Serie 2013ff.). Die moralische Verortung HYDRAs im Cinematic-Universum ergibt sich durch den unter ihren Agenten üblichen Gruß: „Heil Hydra!“
Doch in Ant-Man tauchen die großen Zusammenhänge des MCU nur in Anspielungen, in ironischen Bemerkungen oder Szenen auf. Erzählt wird eine kleine, in sich abgeschlossene Geschichte: Der Wissenschaftler Hank Pym entwickelte, als er noch in Diensten von SHIELD stand, „eine Formel zur Veränderung atomarer Distanzrelationen“. Als praktische Anwendung daraus konstruierte er einen Anzug, der seinen Träger auf Ameisengröße verkleinert, was natürlich so einige Möglichkeiten (darunter auch militärische) bietet.
Pym hielt aus diesen (sowie anderen) Gründen seinen Anzug für zu gefährlich und stellte die Forschung daran ein. Darren Cross, einst Pyms Protegé, wollte das nie einsehen und stellte auf eigene Faust Forschungen an. Nach zahlreichen Fehlschlägen gelingt ihm schließlich auch der Durchbruch: Der von ihm geschaffene Yellow Jacket ist eine Nachbildung des Pym’schen Anzugs. Und Cross hat auch nichts Eiligeres zu tun, als seine Technik Unterhändlern von HYDRA anzubieten.
Das muss Pym (natürlich) verhindern. Dazu braucht er aber Hilfe, denn sein Anzug „ist kein albernes Spielzeug wie der Iron-Man-Anzug“, womit er 1. meint, dass die Technik so ihre Tücken hat und 2., dass er selbst inzwischen zu alt ist, um diese zu meistern. Da kommt Scott Lang ins Spiel. Der wurdegerade – so beginnt der Film – aus dem Knast entlassen, nachdem er seine Zeit für einen ausgefeilten Einbruch in eine Hightech-Firma abgebüßt hat.
Sein Vorsatz, sich künftig von kriminellen Aktivitäten fernzuhalten, wird erschüttert durch die Schwierigkeiten, als Vorbestrafter einen ehrlichen Job zu finden. Also lässt er sich von leicht unterbelichteten, aber sympathischen kleinkriminellen Ganovenfreunden breit schlagen, noch einmal ein Ding zu drehen. Und zwar den Tresor eines „oberreichen Vorstandmackers“ (der sich später als Pym herausstellt) zu knacken, in dem großartige Schätze vermutet werden. Das Öffnen des Tresors wird ausführlich geschildert – wobei dem Zuschauer ein auffälliges Product Placement der Chemie-Firma Loctite ins Auge springt, die 1997 von der deutschen Henkel AG (Persil, Pril, Spee; Schwarzkopf, Schauma, Taft) übernommen wurde -, doch als Lang schließlich in den offenen Tresor blickt, sieht er weder Schmuck noch Geld, sondern nur eine „alte Motorrad-Kombi“.
Nachdem er sie sich aus Neugier angezogen und dabei den Schrumpfungsprozess ausgelöst hat, was ihn – in einer furiosen Action- und Tricksequenz – in einer jetzt überdimensionierten Welt beinahe das Leben kostet. Darüber schockiert, entschließt er sich, im Alleingang noch einmal ins Pym’sche Anwesen einzubrechen und den Anzug zurückzubringen. Dummerweise wird er dabei von den Bullen überrascht.
Wieder im Knast, erhält er Besuch von Hank Pym, der ihm zunächst eröffnet, dass er ihn auf sich selbst angesetzt hat, weil er in ihm den geeigneten Mann für den Ant-Man-Anzug sieht. Dann bietet er ihm die Freiheit an, und als Gegenleistung einen Job – Darren Cross den Yellow Jacket abzujagen. Mangels anderer Optionen lässt sich Scott Lang darauf ein.
Das folgende zweite Drittel des Films besteht darin, wie er von Hope van Dyne, der Tochter Pyms, als Ant-Man trainiert wird. Zu den Tücken des Anzugs kommt nämlich hinzu, dass er – einmal miniaturisiert – eine „Beziehung“ zu einer ganzen Armee von Ameisen aufbauen muss, die auf ihn als Oberameise konditioniert sind. Höhepunkt (im letzten Drittel) des Films ist dann der Kampf Ant-Man plus Ameisenheer versus Darren Cross im Yellow Jacket.
Fazit: Kurzweilig erzählter, witzig-ironischer (und perfekt synchronisierter) Film, der auch im actionreichen Showdown – was in US-amerikanischen SciFi-Filmen ja bekanntlich nicht immer so ist – den (Erzähl-)Faden nicht verliert.