Roswell

Es begann mit einem Rundritt des Ranchers Mac Brazel, den er Mitte Juni 1947 unternahm, um auf seinen Viehweiden nach dem Rechten zu sehen. Dabei entdeckte er seltsame Teile aus einem leichten, silbrigen Metall; er meldete seinen Fund Sheriff George Wilcox, der wiederum einen Verantwortlichen des nahe gelegenen Luftwaffenstützpunkts informierte. Am 8. Juli 1947 wurde darüber auf der Titelseite des Roswell Daily Record berichtet (den Artikel kann man sich für $ 19,99 als Reprint bestellen; hier gibt es ihn im englischen Wortlaut). Der Begriff „flying saucer“ kommt darin zwar vor, stand aber genau für das, was er wörtlich sagt: Ein Gebilde, das aussah wie eine fliegende Untertasse (das ist das Ding, auf dem man die Tee- oder Kaffeetasse stellt). Heute kann man dieses Wort nicht mehr in dieser naiven Weise verwenden. Mit Roswell verlor es quasi seine wörtliche Bedeutung, sozusagen seine Unschuld.

Dabei waren sie – die Flying Saucers – erst zwei Wochen zuvor erstmals über amerikanischem Boden aufgetaucht: Der Hobbypilot Kenneth Arnold hatte am 24. Juni 1947 bei einem Flug mit seinem Privatflieger im Nordwesten der USA (tausende Kilometer von Roswell entfernt) mehrere Objekte am Himmel gesehen, deren Herkunft und Beschaffenheit ihm ein Rätsel war. Nach seiner Landung sagte er, dass sie sich wie „flying saucers“ bewegt hätten (womit Arnold der Erste war, der diesen Begriff verwendete). An Aliens dachte weder er noch der Journalist, dem er von seiner himmlischen Begegnung berichtete. Eigentlich konnte es sich dabei – der heiße, Zweite Weltkrieg war gerade durch den Kalten Krieg abgelöst worden – nur um irgendwelche geheimen Fluggeräte oder gar Waffen der (damals noch kommunistischen) Russen handeln. Diese Meinung war auch die Meinung der Air Force, die Arnold am 12. Juli zu seinen Sichtungen befragte.

Auch in Roswell blieben die Außerirdischen zunächst außen vor. Andere Erklärungen lagen einfach näher. In der Nähe von Roswell hatte der  amerikanische Raketenpionier Robert Goddard in den 1930ern geforscht und immer wieder Raketen in den Himmel geschossen. In Alamogordo, 150 Kilometer südwestlich von Roswell, detonierte am 16. Juli 1945 die erste Atombombe – heute bewirbt sich die City of Alamogordo übrigens mit dem Satz: The friendliest Place on Earth. Und auch das: In White Sands unweit von Alamogordo ließ sich ab 1946 die US Army in die Technik der deutschen V2 einweihen, von den Ingenieuren (darunter auch Wernher von Braun), die die Rakete in Peenemünde entwickelt hatten. Bis 1949 wurden etwa 70 dieser damals größten je gebauten Rakete gestartet. Auch andere geheime Flugkörper wurden hier von diversen militärischen Einrichtungen in diversen geheimen Projekten getestet. Darunter war auch das Projekt Mogul: Riesige Ballons – bestehend aus silbrigem, hauchdünnem Material –, die man hoch in die Atmosphäre aufsteigen ließ, weil man herausfinden wollte, ob die Russen (wie man selbst) über Atomwaffen verfügten.

Ein Ballon des geheimen Mogul-Programms – dies scheint die wahrscheinlichste Erklärung für den Zwischenfall in Roswell (es ist auch die offizielle Lesart). Die Aliens kamen sozusagen schleichend, aber erstaunlich früh ins Spiel. Bereits Ende 1949 waren sie – außer von offizieller Seite natürlich – fester Bestandteil des Zwischenfalls. Im Januar 1950 veröffentlichte Donald Keyhoe einen Artikel, in dem nicht mehr gefragt wird, ob Aliens ihre Finger im Spiel haben – es wird davon ausgegangen. Keyhoe hatte 1927 den ersten Nonstop-Flug über den Atlantik von Charles Lindbergh organisiert, und darüber ein Buch geschrieben, das zum Bestseller wurde. Ab1952 verstand auch Kenneth Arnold unter Ufos keine unbekannten Flugobjekte mehr, sondern war davon überzeugt, dass es sich um Raumschiffe von Aliens handelt.

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