Das Böse ist überall im All

Natürlich wird es immer schwieriger, einen (auch nur halbwegs) originellen Film über alieneske Invasoren zu fabrizieren. Es ist einfach alles gesagt und gezeigt, und gezeigt und gesagt und noch einmal gesagt und gezeigt worden. Als Ausweg bleibt die Wiederholung, das Nachbeten, das Ausschlachten von bereits Bekanntem. Aber dabei lässt sich der Film Battleship (USA 2012) nicht lumpen: 200 Millionen Dollar Produktionskosten (und 3D) sorgen dafür, dass man zumindest optisch (sowie in Sachen Action) nicht zu kurz kommt.

Die Zeit, die bis zum ersten Auftauchen der Aliens vergeht, immerhin 30 Minuten, wird genutzt, um die Ideologie, die den zweistündigen Film zusammenhält, anhand der Personen vorzustellen: der Herumtreiber, der zum Eintritt in die Navy überredet wird (damit doch noch was aus ihm wird); der Held, der noch nicht ganz zu sich gefunden hat; der Krüppel, der über sich hinauswächst und so weiter. Das Schlachtfeld als Ort der Bewährung: wo ein Mann noch ein Mann ist bzw. zu einem werden kann (seit die Frau mehr oder weniger gleichberechtigt auf dem Schlachtfeld dazugekommen ist, hat sich an diesem Schwachsinn nichts geändert). Dazu gehört selbstverständlich auch das Hoch auf das US-Militär: „Ich“, sagt Admiral Shane, „begrüße Sie an Bord des großartigsten Schlachtschiffs in der Geschichte der US Navy: der USS Missouri.“ Er sagt das auf besagtem Schiff, dessen Klassenbezeichnung (Schlachtschiff) dem Film auch den Namen gibt (und das am Ende alles rausreißt). In der wirklichen Welt unterzeichneten auf der USS Missouri Vertreter Japans am 2. September 1945 die Kapitulation, womit der 2. Weltkrieg auch in Asien endete.

Die Aliens schlagen zu während des RIMPAC, eines Flottenmanövers im Pazifik (das es alle zwei Jahre auch in der wirklichen Welt gibt), an dem mehrere Nationen teilnehmen; im Film vor allem die USA und Japan. Eine Stunde nach ihrem ersten Auftauchen haben die Aliens einen Teil der Flotten durch eine Art Energieschirm isoliert und alle darin befindlichen Schiffe vernichtet. Alle? Natürlich nicht. Die USS Missouri (Baujahr 1940) steht als schwimmendes Museum noch heil am Kai. Aber nur unser American Hero, Leutnant Hopper, ist begeistert, weil er nicht aufgeben kann. Der Rest der Übriggebliebenen zeigt sich nicht ganz so angetan von dem Schiff, vor allem weil „alle Waffensysteme analog sind“.

Die letzte halbe Stunde des Films zeigt, wie diese schwimmende Antiquität die hochgerüsteten Aliens zum Teufel jagt, das heißt sie tötet, vernichtet, ausradiert. Legitimiert wird diese Schlächterei (wie die des Mittelteils, als die Aliens die Menschen töteten, vernichteten, ausradierten) mit einer Ideologie, die in den 1990ern ihren Höhepunkt erreichte (und die auch die Naturwissenschaften infizierte bzw. verseuchte): Wenn Aliens den beschwerlichen Weg Richtung Sonnensystem gegangen sind, war das so gigantisch aufwendig, dass es praktisch keinen Rückweg gibt. Sie können also gar nichts anderes im Sinn haben, als die Menschheit zu vernichten. Independence Day war der Film, der uns das vorführte. Battleship zeigt es über 15 Jahre später noch einmal.

Wer schon Independence Day für schwer erträglich in Sachen Patriotismus (amerikanisch), Opferbereitschaft und Durchhaltewillen (menschheitlich), Helden- und Kriegspathos und Einiges mehr gehalten hat, den belehrt Battleship eines Schlechteren: Es geht noch schlimmer. Zwar gibt es, dem Zeitgeist entsprechend, auch in Battleship immer wieder Ironie zu hören, meist in Form von Einzeilern – der schönste ist als Aufschrift auf einem Kriegsschiff zu lesen: In God we trust all others we track (Gott vertrauen wir, allem anderen gehen wir nach) –, aber der Witz wird in der Regel sofort abgewürgt und wir befinden uns wieder in irgendeiner Kampfhandlung. Die Verbissenheit, mit der in Battleship Menschheit gegen Aliens, Mann gegen Alien, menschliche Maschine gegen alieneske Maschine gekämpft wird, ist wirklich erstaunlich.

Genauso erstaunlich, wie der neue Trend zur analogen Gewalt im SciFi-Film: Man will wieder echte Kerle sehen und Dinge, die von echten Kerlen bedient werden. Und keine digitalen Maschinen, bei denen sich nichts bewegt und die nur von nerdigen Spinnern verstanden und benutzt werden können.  Auf der USS Missouri ist der Mann noch Mann und kein digitales Weichei. Lasst sie also kommen – wir hauen sie weg, und zwar mit den Fäusten und nicht mit Laserblastern und Photonentorpedos!

Die Moral von der Geschicht: Wir (wir die Menschheit) mögen kriegs- und gewaltgeile, das heißt faschistische Arschlöscher sein, aber das ist nicht nur gut so, das muss auch so sein, denn die anderen da draußen sind nicht besser, können nicht besser sein: So ist nun mal der Lauf der Welt bzw. des ganzen Kosmos. Amen. Oder eben: In God we trust.

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