Lucy, die Astronautin, die gerade von einem Flug mit dem Space Shuttle zurückgekehrt ist, findet sich im profanen Leben auf der Erde nicht mehr heimisch. Alles ist schal, langweilig, absehbar. Leider fällt Lucy in the Sky (Drehbuch Brian C. Brown & Elliott DiGuiseppe; Regie Noah Hawley) wenig mehr ein, als diese Leere mit Bildern belangloser Szenen und Dialogen zu illustrieren. Da fällt es mitunter schon schwer, dabei zu bleiben …
Aber nach etwas über einer Stunde wacht man plötzlich
auf. Lucy sitzt mit ihrem Liebhaber Mark, ebenfalls Astronaut, auf dessen
Veranda. Sie sprechen über Liebe, Sex und ihren Job. Der Dialog gipfelt in
Marks Analyse ihres Zustands:
„Du warst im Weltall. Und hast diese gewaltige
Unendlichkeit des Himmels gesehen; und es hat dich um den Verstand gebracht.
Und jetzt ergibt nichts mehr einen Sinn. Aber das gute alte Hirn … tja, das
Hirn weiß nicht, dass du eine existenzielle Krise hast, und will nur, dass wir
ficken. Weil es sich gut anfühlt. Also konzentrierst du dich darauf. Auf dieses
Gefühl, weil es sich echt anfühlt.“
Die Szene endet damit, dass sie von ihm mehr von „diesem
Gefühl“ will. Danach sind wir dabei, wie Lucys Geist, immer diesem Gefühl
hinterher, langsam zerfällt. Am Ende steht sie auf einem Dach, bereit zu
springen. Oder zu fliegen …
Aber selbst bei diesem Abstieg ins Finstere bleibt der
Film sich treu: Viel Leerlauf, quasi ein gemütliches Dahingleiten in nie ganz
stimmigen Metaphern und Sentenzen. Aber Leere durch Leere abzubilden, ist
selten eine gute Idee.
Fazit: Ein mittelmäßiger Film mit genau einem
großen Moment.
Der Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion, wer den ersten Satelliten ins All schießt: das ist Thema der zweiteiligen Graphic Novel Gefährliches Spiel. Dazu gibt es zweifellos nichts Neues mehr zu sagen, aber als Hintergrund für eine spannende Spionagegeschichte, wie sie der Klappentext beider Bände ankündigt, eignet sich dieses Szenario des Kalten Krieges gegen Ende der 1950er Jahre hervorragend.
Gefährliches Spiel (Band 1 + 2) Jeu des Dames Text: Toldac Zeichnung: Philan Coloration: Scarlett Smulkowski Deutsche Übersetzung: Annabelle Steffes-Halmer Verlag: Panini Erschienen im März 2017 (Bd. 1) und September 2017 (Bd. 2)
Schon der erste Satz, der nur dazu dient, den Ort
einzuführen, wo alles begann, lässt allerdings Zweifel aufkommen, ob das gut
geht: „Peenemünde, Juni 1943“, heißt es da,
„Heeresversuchsanstalt … für die Raketen V1 und V2 unter Leitung von
Wernher von Braun.“ V2 war eine Rakete, lief aber im Juni 1943 noch
unter anderer Bezeichnung. Die V1 aber war keine Rakete, sondern das,
was man heute eine autonome Drohne nennen könnte: ein Flugkörper mit Antrieb
und automatischer Zielerfassung, gefüllt mit einer Tonne Sprengmittel. Nun ja,
das sind Details, die nicht wirklich interessieren müssen. Außerdem, und das ist
das Tröstliche: Beide Maschinen, V1 wie V2, wurden von Rückstoßtriebwerken
angetrieben. Seien wir also großzügig und lassen den Ausdruck
„Raketen“ durchgehen.
Das erste Bild, das zum ersten Satz gehört, zeigt – in
Halbtotale – Wernher von Braun und Hugo Ebeling (den Helden der Story). Hugo
sagt: „Tut mir Leid, Wernher …“ Im Vordergrund sieht man links ein
Aggregat 4 (wie die V2 im Juni 1943 noch hieß), an dem sich ein Techniker zu
schaffen macht. Der Maschinenraum ist geöffnet. Die Leiter, auf der der Techniker
steht, verbreitet schon ein bisschen viel an simplem Heimwerker-Charme. Das ist
nicht falsch. Trifft es aber auch nicht so ganz.
Im zweiten Bild sehen wir dann Wernher von Braun in
Großaufnahme. Er beschwört Hugo, doch zu bleiben, weil er einer der Besten sei
und so weiter. Und das gezeigte Gesicht hat, wenn auch nicht ganz bestimmbar,
durchaus etwas vom jungen von Braun …
Im Hintergrund sieht man, wie Uniformierte Häftlinge
drangsalieren. Sowohl die Uniformierten als auch die Häftlinge sind sehr
unspezifisch gezeichnet. Von Braun will wissen, warum Ebeling ihn verlassen
will. Ebeling deutet nur auf die Szenerie und sagt in Großbuchstaben und mit
Ausrufezeichen: „DAS!“
Ebeling verlässt Peenemünde und geht in den Widerstand.
In den letzten Tagen des Deutschen Reiches lernt er Eva kennen; in einer Kirche
schwören sie sich im April 1945 „ewige Treue“. In den Wirren des
Untergangs kommt sie, so jedenfalls scheint es, bei einem Bombenangriff ums
Leben (bei dem er selbst etliche Granatsplitter abbekommt).
Sprung ins Jahr 1955. Ort: Das Redstone Arsenal in
Huntsville, Alabama, wohin das Wernher-von-Braun-Team mittlerweile umgezogen
ist; von Braun selbst hat erst vor wenigen Wochen die amerikanische
Staatsbürgerschaft erhalten. Und Hugo Ebeling, nach 1945 von der US Army
angeworben, arbeitet dort seit einigen Jahren wieder unter von Braun.
Der Klappentext des 1. Bandes stellt diesen Umstand –
Ebeling, der als ehemaliger Widerstandskämpfer erneut für Wernher von Braun
arbeitet – besonders heraus. Bietet sich ja auch an, anhand zweier Personen,
ehemaliger Freunde, die zwar altbekannte, aber stets aufs neue fesselnde
Geschichte von Loyalität und Verrat zu erzählen. Seltsamerweise geschieht das
hier nicht (der Klappentext läuft damit quasi ins Leere). Bruchlos pflegen sie
ihre Freundschaft weiter. Von Braun unterstützt Ebeling sogar, als dieser – im
Laufe der weiteren Handlung – ins Visier der CIA gerät.
Die technischen Entwicklungen hin zum ersten Satelliten
werden im Schnelldurchgang, aber stets durch ein paar kleine szenische Dialoge
dargestellt: Da erfährt von Braun, dass das Vanguard-Projekt dem seinen
vorgezogen wird, was ihn zu der Bemerkung veranlasst: „Aber das werden sie
noch bedauern, da bin ich mir sicher.“ Oder, ein Jahr später: Von Braun informiert
Hugo darüber, dass sie ihre Rakete nicht mit einer aktiven vierten Stufe
starten dürfen. Eine Anspielung auf September 1956, als Huntsville bereits so
weit war, einen Satelliten (einen sehr kleinen allerdings) in den Orbit zu
schießen – mehr als ein Jahr vor Sputnik! -, was aber an den Rivalitäten
zwischen Navy (Marine) und Army (Heer) scheiterte.
Alles in allem entspricht das alles auch dem
tatsächlichen Ablauf der damaligen Ereignisse. Zu bekritteln gibt es allenfalls
ein paar Details. Etwa die Behauptung, Vanguard sei aus patriotischen Gründen
dem (von Braun’schen) Redstone-Projekt vorgezogen worden; das ist zwar nicht
ganz falsch, doch ist es auch einen Tick zu einfach gedacht: Die Amerikaner wollten im Rahmen des
zivilen Geophysikalischen Jahres keine Rakete als Satellitenträger, die
offensichtlich militärische Wurzeln hatte. Davon betroffen war nicht nur die
Redstone, sondern auch das von der amerikanischen Luftwaffe vorgestellte
Atlas-Projekt, weil die Atlas-Rakete ursprünglich ebenfalls als militärischer
Träger entwickelt worden war. Das Vanguard-Projekt lief zwar unter dem Dach der
Marine, doch hatte die Rakete gleichsam keine militärische Vergangenheit und
wurde deshalb vorgezogen.
Die wirkliche Stärke der zwei Bände liegt aber in der
vom Klappentext versprochenen Spionagegeschichte.
Sie wird in der zweiten Hälfte des ersten Bandes quasi unauffällig und
peu à peu aufgebaut, kulminiert am Ende dann in einer Explosion, bei der eine
der Hauptfiguren ums Leben kommt. Der zweite Band legt den Schwerpunkt dann
ganz und gar auf die Spionagegeschichte. Raketen und Raumfahrt treten dadurch
in den Hintergrund (was man bedauern mag, aber nicht muss), der Story aber tut
das durchaus gut. Sehr stringent wird, betont durch den realistischen
Zeichenstil (und die sehr stimmige Farbgebung), ein Plot durchgezogen, der zwar
nicht wirklich originell sein kann – dazu sind die Spione der 50er Jahre
literarisch und filmisch einfach zu sehr „abgegrast“ -, der aber
immer genügend Verwicklungen bietet, um bis zum Ende dabeizubleiben.