The Aeronauts (USA 2019)

Es wird hier vielleicht die älteste aller Geschichten erzählt: die vom Unterschied zwischen Bauch und Hirn. Und wie die meisten dieser Geschichten geht auch die von The Aeronauts davon aus, dass beides zusammengehört, wenn man erfolgreich sein will.

Das Hirn wird hier, sozusagen standesgemäß, repräsentiert von James Glaisher. Dieser Glaisher hat tatsächlich gelebt; geboren 1809 in London, gestorben 1903 in Croydon (nicht weit von London entfernt). Ab 1838 leitete er die Abteilung für Meteorologie und Magnetismus der Sternwarte in Greenwich; 1849 wurde er Mitglied der Royal Society, und 1850 gründete er die englische Meteorologische Gesellschaft.

Berühmt im England der 1860er wurde er mit 28 Ballonfahrten, die er zwischen 1862 und 1866 unternahm, um Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und andere physikalische Daten der Atmosphäre in großen Höhen zu ermitteln. Begleitet wurde er dabei von Henry Coxwell, einem erfahrenen Ballonfahrer. Am 5. September 1862 erreichten sie eine Höhe von 8.800 Metern, was damals einen Weltrekord darstellte (der erst über 30 Jahre später überboten wurde).

Diese Fahrt ist es, die der Film, fast in Echtzeit, zeigt. Aber zwei Wissenschaftler auf wissenschaftlicher Mission war den Machern (Drehbuch: Jack Thorne, Regie: Tom Harper) wohl nicht spektakulär genug, und so pumpen sie den Plot im Dienste der Dramaturgie auf und schrecken dabei auch nicht vor plumpen Verfälschungen zurück.

Es fängt schon damit an, dass Coxwell im Film rausfällt und ersetzt wird durch die fiktive Figur der Amelia Wren, die dann aber die gleiche Funktion erfüllt: die des erfahrenen Piloten. Und es geht damit weiter, dass Glaisher zum Zeitpunkt der geschilderten Fahrt bereits 53 Jahre als war; im Film sieht man aber einen Mann in den Dreißigern. Außerdem war Glaisher längst wissenschaftlich etabliert; der Film stellt ihn dar als einen Rebellen, der einen Kampf gegen das verknöcherte wissenschaftliche Establishment des Empire oder zumindest der Royal Society austrage. Und zu schlechter Letzt: Die betreffende Ballon-Fahrt war, wie im Film dargestellt, keineswegs seine erste, sondern bereits seine siebte. Er verfügte also über eine gewisse Erfahrung als Höhenforscher, sodass die Bredouille, in die er im Film gerät, kaum passiert wäre. Aber natürlich geht’s auch dabei nur um einen dramatischen Kick, der es Amelia Wren ermöglicht, ihn – vor wundervoller, sozusagen himmlischer Kulisse – zu retten.

Von den „true events“, von denen im Vorspann die Rede ist und die die Amazon Studios, für die der Film produziert wurde, auch bewerben, bleibt also, genau genommen, nur der Name James Glaisher übrig. Alles drum herum ist … frei erfunden. Warum man dann aber nicht gleich alles erfindet – Personen wie Story – hat Harastos noch immer nicht verstanden.

Fazit: Eine solide, wenn auch nicht sehr aufregende Abenteuergeschichte um zwei Personen in einem Ballon. Die Bilder allerdings sind – das muss gesagt werden – wunderschön.

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