22. First Men to the Moon

Nach dem Erfolg von Apollo 7 fragte man sich, ob es sinnvoll sei, Apollo 8 als weitere Erdorbitmission, als die sie konzipiert war, zu absolvieren, dann das wäre ja nichts anderes als eine bloße Wiederholung. So entstand der Plan, Apollo 8, dessen Besatzung bereits seit längerem feststand, mit dem CSM, aber ohne LM, das noch immer nicht fertig gestellt war, bemannt um den Mond zu schicken. Robert Gilruth und Wernher von Braun zeigten sich einträchtig begeistert. Am 10. November fiel bei einem Meeting der Verantwortlichen dann die Entscheidung, zwei Tage später wurde sie bekannt gegeben: Apollo 8 wird zum Mond fliegen (um ihn zu umrunden).

Apollo-8-Logo
(c) NASA
Das Missionslogo von Apollo 8

Zu Hilfe kamen der NASA wieder einmal die Sowjets, die am 10. November eine unbemannte Sonde (Zond 6) auf eine Mondumrundung geschickt hatten. Außerdem gab es Geheimberichte der CIA, wonach die Sowjetunion kurz davor stünde, eine Riesenrakete, gebaut für eine bemannte Landung auf dem Mond, für einen ersten Teststart vorzubereiten. (Der dann am 21. Februar 1969 auch tatsächlich stattfand, aber knapp 70 Sekunden nach dem Start mit der Explosion der Rakete endete.)

Start von Apollo 8
(c) NASA
Start von Apollo 8. Man beachte die Mondsichel, die im Bild zu sehen ist!

Und so hob am 21. Dezember 1968 pünktlich um 7.51 Uhr Ortszeit die Saturn V nach neun Sekunden Brenndauer der fünf F1-Triebwerke vom Startkomplex 39A des Kennedy Space Centers ab – zum ersten wirklichen Raumflug, den die menschliche Spezies unternimmt: Mit Apollo 8 lassen erstmals drei Menschen den Anziehungsbereich der Erde hinter sich und gelangen in den eines anderen Himmelskörpers. Zum ersten Mal sehen menschliche Augen nicht nur die Rückseite des Mondes, sondern auch ihren Heimatplaneten von weit draußen im Weltall.

Der Start verlief, wie bei Saturn-Raketen mittlerweile schon beinahe gewohnt, ohne Probleme, ebenso der Einschuss in die Bahn zum Mond. Während der folgenden 66 Stunden, die der Flug, eigentlich ein „Fallen“ zum Mond, dauerte, sahen die Astronauten aufgrund der Ausrichtung der Flugbahn und des Zeitpunkts des Flugs – auf der erdzugewandten Seite des Mondes herrschte Nacht – nicht ihr Ziel, weswegen sie quasi notgedrungen ständig zurück auf die Erde blickten. Der Versuch, das Bild der immer kleiner werdenden Erde auch dem Fernsehzuschauer zu übermitteln, scheiterte bei der ersten Liveübertragung noch, weil es nicht gelang, ein Teleobjektiv an die Kamera zu montieren und die Erde als Weitwinkelobjekt nur ein blasses, verwaschenes Fleckchen blieb.

Die Crew von Apollo 8
(c) NASA
Die Crew von Apollo 8: Frank Borman, William Anders, James Lovell (von links nach rechts)

Erst bei der nächsten Liveübertragung, einen Tag darauf, funktionierte es dann: Borman hatte die Kamera, diesmal mit Teleobjektiv, an einer Luke befestigt, von wo sie Livebilder der Erde lieferte. Allerdings in schwarz/weiß; die Farben lieferten die Astronauten erst mit ihren Beschreibungen.

Am (sehr frühen) Morgen des 24. Dezember erreichte das Raumschiff den Mond. Es befand sich noch immer auf einer freien Rückkehrflugbahn: Ohne Eingriff der Besatzung würde es um die Rückseite des Mondes geschleudert und sich anschließend wieder auf direktem Kurs zur Erde befinden. Aber man wollte ja in einen stationären Orbit um den Mond kreisen. Dazu musste man mit einer Zündung des SM-Triebwerks die freie (und sichere) Rückkehrflugbahn verlassen und sich in einen Mondorbit einschießen. Dieses Manöver, Lunar Orbit Injection (LOI) genannt, war die kritischste Phase des „dritten Wegs“, da es nur auf der Rückseite des Mondes, das heißt ohne Funkverbindung zur Erde, stattfinden konnte.

Um 4.49 Uhr Cape-Kennedy-Zeit verschwand das CSM hinter dem Mond und der Funkkontakt riss ab. Zehn Minuten später sollte die LOI-Zündung erfolgen. Um 5.20 Uhr tauchte Apollo 8 zum vorausberechneten Zeitpunkt aus dem Funkschatten auf und Lovell vermeldete den erfolgreichen Abschluss des ersten LOIs im Apollo-Programm: „Go ahead, Houston. This is Apollo 8. Burn complete. (Kann weitergehen, Houston. Hier ist Apollo 8. Zündung beendet.)“ Das CSM befand sich jetzt in einer Umlaufbahn um den Mond.

Bald darauf begannen die Astronauten, die erste Fernsehliveübertragung (insgesamt die dritte der Mission) aus der Mondumlaufbahn vorzubereiten. Nach einer weiteren Mondumrundung stand um 7.31 Uhr die TV-Verbindung. Die Kamera war fest an einer der CM-Luken montiert und blickte direkt nach unten auf die Mondoberfläche und übertrug das, was sie sah, zur Erde. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, ein Frösteln fast“, so Jesco von Puttkamer, „das einen beim Anblick dieses Bildes erfaßt: die helle, öde, pockennarbige Oberfläche einer anderen Welt, die sich langsam, kaum merklich unter dem Raumfahrzeug vorbei dreht.“

Millionen von Amerikanern – die Ostküste der USA, wo die Cape-Kennedy-Zeit gilt, befand sich gerade im Aufbruch zu Arbeit oder Schule – sowie Millionen überall auf der (irdischen) Welt sahen erstmalig nicht durch das imaginierte Auge eines Dichters oder Regisseurs eine andere, fremde Welt, sondern – vermittelt durch optische und elektronische Technik – mit den eigenen Augen.

Was sie – das heißt wir, so weit wir dabei waren – sahen, war eine Welt ohne Farben: „Der Mond“, so Jim Lovell, „ist im wesentlichen grau, keine Farben. Sieht wie Gips aus oder ähnlich wie gräulicher Strandsand.“ Man blickte auf eine Welt, die nicht nur metaphorisch wüst und leer war, sondern ganz buchstäblich, und das seit mehr als vier Milliarden Jahren. Es war nicht nur ein Blick hinunter auf eine fremde Welt – es war auch ein Blick weit zurück in die Vergangenheit des Sonnensystems und des Erde/Mond-Systems.

Bei jeder Umrundung des Mondes sahen die Astronauten aber auch, wie ein silbrig-blauer Diamant, die Erde, umgeben vom Schwarz des Weltraums über der Mondoberfläche, einer toten Landschaft in Grautönen, aufging. Als sie dieses Bild des „Erdaufgangs“ zum ersten Mal erblickten, entschlüpfte William Anderson ein „Oh, mein Gott!“ Obgleich die Bahndaten des Raumschiffs zu jedem Zeitpunkt der Mission genau bekannt waren, traf sie dieser Anblick völlig unerwartet. Die Fotos, die Anders von diesem Ereignis schoss – Halberde über Mondoberfläche – wurden zu Ikonen, zu einem Vermächtnis des Apollo-Programms (neben dem Foto des Fußabdrucks von Neil Armstrong im Mondstaub). Aus dem Gedanken, dass der Mensch die Erde erst verlassen musste, um ihren „unschätzbaren Wert als lebenerhaltenden Planeten zu erkennen“ (Anne Morrow Lindbergh) entstand das Wort vom „Blauen Planeten“ als Synonym für die Erde. Davor hatte man sich die Erde, aus dem Weltraum gesehen, immer in schweren Grün- und Ockerfarben vorgestellt – so auch in den Disney-Dokumentationen der 1950er Jahre.

Erdaufgang
(c) NASA
Ein ikonografisches Bild: Halberde über Mond

Am Abend des gleichen Tages, dem 24. Dezember, einem Tag bekanntlich, an dem die westliche Welt anfällig ist für jede Art von religiösem oder spirituellem Kitsch, meldete sich Apollo 8 zur zweiten (und letzten) Übertragung vom Mond. Die Kamera blickte wie beim ersten Mal direkt hinunter auf die Oberfläche des Mondes und zeigte, wie „nackte Ebenen, zerklüftete Gebirgszüge und riesige Krater“ langsam unter dem Betrachter dahinzogen. Zunächst schilderten die Astronauten ihre Gefühle angesichts dieser Bilder. Bormans Eindruck „ist der einer gewaltigen, einsamen, abschreckenden Ausdehnung von Nichts“. Lovell fügte hinzu: „Die riesenhafte Einsamkeit des Mondes hier oben ist furchteinflößend.“ Woraus er so etwas wie ein Fazit zog: „Von hier aus gesehen ist die Erde eine grandiose Oase in der weiten Wüste des Weltalls.“

Anschließend sagte Bill Anders: „Wir nähern uns nun dem lunaren Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf der Erde hat die Besatzung von Apollo 8 eine Botschaft, die wir euch senden möchten …“ Fast übergangslos begann er dann zu rezitieren: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster …“ Im Wechsel lasen die Astronauten dann den Rest der Genesis und schlossen mit den Grußworten: „Viel Glück, Fröhliche Weihnachten und Gottes Segen für euch alle.“

Damit endete diese zweite Übertragung vom Mond nach knapp einer halben Stunde. „Für viele Menschen“, so Jesco von Puttkamer in seinem Report der Apollo-8-Mission, wurde die Lesung der biblischen Schöpfungsgeschichte „zum ergreifendsten Moment des Fluges“. Nach zehn Mondumrundungen verließen die Astronauten die Mondumlaufbahn, um den Rückflug zur Erde anzutreten, die sie nach drei weiteren Tagen erreichten. Frank Bormans Fazit der Mission: „Es war eine phantastische Reise.“

*

Nach dem Aufbruch ins All, den Apollo 8 markierte, folgten mit Apollo 9 (März 1969) und Apollo 10 (Mai) zwei profanere Missionen, deren Hauptziele wieder im Austesten der Hardware lag. Bei Apollo 9 lag der Schwerpunkt beim LM, das erstmals bemannt eingesetzt wurde: Geübt wurden, im Erdorbit, die nötigen Kopplungsmanöver, die diversen Zündsequenzen sowie das Umstiegsprozedere der Astronauten zwischen Apollo-Kapsel und LM. Apollo 10 war dann als Generalprobe ausgelegt, die die gesamte Mondlandemission absolvierte – bis auf die Mondlandung selbst. Beide Missionen wurden erfolgreich abgeschlossen.

Startvorbereitung Apollo 11
(c) NASA
Die Saturn 5 auf dem Weg zum Startplatz

Am 16. Juli 1969 war es dann so weit: Wieder stand eine Saturn V vollgetankt an der Rampe 39A; obendrauf die Apollo-Kapsel mit den drei Astronauten Neil Armstrong (Commander), Michael Collins (CSM-Pilot) und Buzz Aldrin (LM-Pilot), die in wenigen Tagen als erste Menschen auf dem Mond landen sollten. Der Start erfolgte um 9.32 Uhr Ortszeit und verlief so problemlos wie gewohnt. Auch der Hinflug zum Mond lief ab wie ein Uhrwerk.

75 Stunden nach dem Start zündete Collins auf der Mondrückseite das SM-Triebwerk, womit er das LOI-Manöver einleitete, das die CSM/LM-Kombination in eine stationäre Mondumlaufbahn einschwenken ließ. Nach dem ersten Umstieg von Aldrin und Armstrong ins LM folgte der obligatorische Systemcheck. Danach wechselten die beiden wieder ins CSM und die Astronauten legten eine mehrstündige Schlafpause ein. Nicht nur, um für die entscheidende Phase der Mission ausgeruht zu sein, sondern auch, um den Mond-Morgen abzuwarten, da das Landegebiet dann durch die flache Sonneneinstrahlung besonders kontrastreich erscheinen, also ideale Bedingungen für eine Landung bieten würde.

Crew von Apollo 11
(c) NASA
Neil Armstrong (Commander), Michael Collins (CM-Pilot), Buzz Aldrin (LM-Pilot)

95 Stunden nach dem Start wechselten Armstrong und Aldrin erneut ins LM. Nach der Abtrennung des LM vom CSM erfolgte, im Formationsflug mit dem CSM, ein weiterer Systemcheck im Mondorbit. Erst nachdem auch dieser zufriedenstellend ausgefallen war, trat das LM, 101 Stunden nach dem Start, in den Abstiegsorbit ein. Einige Minuten später zündete die Landeautomatik des Abstiegstriebwerks, um den Abstieg auf die Mondoberfläche einzuleiten. Da das LM mit dem Triebwerk (sowie den ausgefahrenen Landebeinen) voraus flog, ließ das Zünden des Triebwerks entgegen der Flugrichtung den Orbit in eine Abstiegs-Parabel übergehen.

Bei einer Höhe von 12 Kilometer über der Oberfläche schaltete sich das Landeradar ein und lieferte digitale Höhenwerte; bei 7,6 Kilometer kamen die Werte für die aktuelle Geschwindigkeit des LM hinzu. Gleichzeitig aktivierte Aldrin vorschriftsgemäß den Auto-Track-Modus des Radars, der das im Mondorbit kreisende CSM erfasste und verfolgte, was dazu diente, dass im Falle eines Landeabbruchs dem LM beim „Durchstarten“ Positionsdaten zur Verfügung standen. Das Eingehen und Verarbeiten all dieser Daten brachte den Bordrechner an den Rand seiner Kapazität und er gab die codierten Alarmmeldungen 1201 und 1202 aus. Das setzte sowohl die Astronauten als auch Mission Control kurzfristig unter Stress, brachte die Mission aber nicht in Gefahr. Im Gegenteil: Die Meldungen zeigten, dass das System funktionierte, was Mission Control auch schnell erkannte und an die Astronauten weitergab.

Im Normalfall würde eine Software nämlich abstürzen, wenn die Speicher überlaufen, und damit den Rechner lahmlegen. Die Software des LM jedoch, vom MIT entwickelt, war – damals eine Neuheit (und auch heute keineswegs selbstverständlich) – so ausgelegt, dass sie nicht einfach das Programm linear abarbeitete, bis nichts mehr ging, sondern Prioritäten setzte. Nach den Alarmmeldungen startete der Rechner innerhalb von Sekundenbruchteilen neu – die Astronauten merkten davon nicht einmal etwas – und ignorierte danach alle Daten, die für den Landevorgang nicht relevant waren.

Zu ernsteren Schwierigkeiten kam es, als die Fähre die 150-Meter-Marke erreichte. Armstrong, der am Steuer saß, aber in die Steuerautomatik nicht eingriff, sondern nur beobachtete, was sie tat, sah, dass als Zielgebiet ein Krater angesteuert wurde, in dem zahlreiche Felsblöcke lagen. Um das zu ändern, griff Armstrong per Hand in die Steuerung ein – ohne die Automatik ganz zu deaktivieren (so sorgte sie zum Beispiel weiterhin dafür, dass das LM in der Senkrechten blieb).

Armstrong steuerte über den Krater hinweg, und Aldrin gab den Resttreibstoff, der für die Landung noch zur Verfügung stand, mit „acht Prozent“ an. Kein kritischer, aber schon ein knapper Wert, vor allem, weil Armstrong weiterfliegen musste, um zwei weiteren Kratern und einem Geröllfeld auszuweichen. Als Armstrong knapp zwei Minuten später die Fähre dann rund 500 Meter westlich des ursprünglichen Landepunktes aufsetzte und das mit der Meldung „The Eagle has landed“ bestätigte, hatte er noch Treibstoff für etwa 40 Sekunden (wovon die Hälfte nicht für die Landung, sondern als „Fluchtreserve“ diente, um ein Durchstarten der Fähre in letzter Sekunde zu ermöglichen). Die Landung war exakt um 16.17 Uhr Cape-Kennedy-Zeit am 20. Juli 1969 erfolgt.

Danach bereiteten sich die Astronauten für den Ausstieg vor. Sie überprüften das benötigte Equipment – vor allem die Raumanzüge samt deren Lebenserhaltungssystem –, wofür sie etwa vier Stunden brauchten, erheblich länger als bei den Simulationen auf der Erde. Dann wurde die Luft in der Fähre abgelassen, was noch einmal 45 Minuten dauerte. Um 22.38 Uhr öffneten die beiden Astronauten die Luke und Armstrong trat hinaus auf eine kleine Plattform, der so genannten Veranda, von wo die Leiter an einem der vier Landebeine hinunter zur Mondoberfläche führte.

Armstrong trat an die Leiter heran und begann die neun Sprossen hinunterzusteigen. Bei jeder Sprosse hielt er, auf Anraten des NASA-Mediziners, inne, um sich an die geringe Schwerkraft des Mondes zu gewöhnen. Auf der zweiten Sprosse (von oben) zog er an einem Handgriff, der unterhalb der Veranda angebracht war, und klappte die MESA, einen Vorratskasten heraus, der unter anderem eine schwarz/weiß-Kamera enthielt, deren Objektiv auf die Leiter gerichtet war. Nachdem sie von innerhalb der Fähre durch Aldrin aktiviert worden war, filmte sie den weiteren Abstieg Armstrongs hinunter zur Mondoberfläche.

Drei Minuten später sprang Armstrong von der letzten Stufe auf den Landeteller der Leiter. Dann beschrieb er, dass der Teller nur ein bis zwei Inches (2,5 bis 5 cm) in den Mondstaub eingesunken sei. Schließlich kündigte er an, jetzt vom LM zu treten. Als er mit dem linken Fuß erstmals den Mondboden berührt – um 22.56 Uhr am 20. Juli 1969 Cape-Kennedy-Zeit, das ist der 21. Juli um 3.56 Uhr MEZ -, sagte er jenen Satz für die Ewigkeit, wonach dieser Schritt ein kleiner für einen einzelnen Menschen, aber einen großen Sprung für die gesamte Menschheit sei.

Armstrong entfernte sich einige Schritte von der Fähre und sammelte mit einem kleinen Greifinstrument einige Gramm Mondstaub auf, die so genannte Notfallprobe (contingency sample), damit sie etwas vorzuweisen hatten, falls sie den Mond schneller als vorgesehen wieder verlassen müssten. Erst danach verließ Aldrin das LM. Als sich beide Astronauten auf der Mondoberfläche befanden, ging Armstrong zu einem der Landebeine und enthüllte eine Metallplakette (sie war nicht im Bild zu sehen). Er las die Inschrift vor:

HERE MEN FROM THE PLANET EARTH
FIRST SET FOOT UPON THE MOON
JULY 1969, A. D.
WE CAME IN PEACE FOR ALL MANKIND

Als Nächstes zog Armstrong die TV-Kamera samt Kabel aus der MESA und stellte sie etwa 15 Meter vom LM entfernt auf ein Stativ in Panorama-Position. Während des Transports übertrug sie weiter und lieferte chaotisch verwackelte und verwaschene Bilder. Vom neuen Standort aus zeigte sie den Rest der astronautischen Mondaktivitäten rund ums LM – immerhin die erste Liveübertragung aus einer anderen Welt.

Aber auf uns Heutigen wirken die Bilder immer ein bisschen, als befände man sich in einem gewagten Experimentalfilm gedreht als Endlos-Sequenz ohne Schnitte und Perspektivwechsel in spartanischem Schwarz/Weiß mit unterirdischen 10 Bildern pro Sekunde und kümmerlichen 320 Zeilen Auflösung pro Bild. Jedes Handy verweist heutzutage, bei hundertfach geringerem Gewicht, eine solche Qualität auf die hintersten Plätze. Aber damals war die Kamera „ein kleines Wunderwerk irdischer Elektronik“, eigens für die NASA entwickelt.

Nach der Plakette, die der Menschheit Tribut zollte, folgte die Verbeugung vor der eigenen Nation, die das Ganze schließlich auf den Weg gebracht und abgeschlossen hatte und dabei finanziell erheblich gefordert worden war. Kurz: Armstrong und Aldrin hissten auf dem Mondboden die US-amerikanische Flagge. Das allerdings ging nicht ganz so glatt wie zuvor die Enthüllung der Plakette, denn den Astronauten – beide mussten immer wieder Hand anlegen – wollte es nicht gelingen, die Konstruktion, zugegebenermaßen komplizierter als eine aufgeschweißte Plakette, stabil in den Boden zu treiben. Während der gesamten EVA blieben die Stars and Stripes eine wacklige Angelegenheit.

Die Standarte stand, mangels Wind, halbwegs still, als sich Houston meldete und den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Richard Nixon, avisierte, der aus dem Oval Office des Weißen Hauses ein paar Worte mit den Helden der Nation wechseln wollte. Sein getragen-pathetisches Statement, das er verlas, nachdem Houston die Verbindung frei gegeben hatte, wiederholte in Worten, was man in den vergangenen Minuten gesehen hatte: Lob der eigenen Nation, eingebettet in ein Hoch auf die gesamte Spezies, die mit dieser Mission „den Himmel zu einem Teil der Welt des Menschen“ gemacht habe.

Nach dem Ende des „historisch bedeutendsten Telefongesprächs, das je vom Weißen Haus geführt wurde“, begannen die Astronauten, die beiden Instrumente – Seismometer und Laserreflektor – aufzustellen. Aldrin übernahm das Seismometer, das Mondbeben aufzeichnete (auch künstlich hervorgerufene durch den Absturz von nicht mehr gebrauchter Hardware), Armstrong den Reflektor, der zur exakten Entfernungsbestimmung zwischen Erde und Mond durch irdische Laser diente. Das Ganze dauerte etwa 20 Minuten.

Fußspur im Mondstaub
(c) NASA
Fußspur im Mondstaub …

Die letzte Aktivität der EVA – das Verstauen der gesammelten Gesteinsproben (insgesamt waren es 22 Kilogramm) im LM – stellte sich als der für die Astronauten anstrengendste Teil der Mond-Mission heraus: Aldrin, der bereits ins LM zurückgekehrt war, empfing die mit Mondgestein gefüllten Transportbehälter, die Armstrong mithilfe eines Seilzugs nach oben auf die Veranda transportierte. Seine Pulsfrequenz stieg dabei auf 160 Schläge pro Minute, ein wenig höher als beim kritischen Landeanflug. Nachdem alle Behälter nach oben gebracht worden waren, stieg Armstrong die Leiter nach oben und kehrte ins LM zurück. Die erste Vorort-Erkundung von Menschen auf einer anderen Welt hatte etwas mehr als zweieinhalb Stunden gedauert.

Zur Mittagszeit des 21. Juli – die Astronauten hatten eine 7-stündige Schlafpause eingelegt – stand dann ein weiteres kritisches Manöver an: Der Wiederaufstieg des LM von der Mondoberfläche sowie das Andocken an das CSM im Mondorbit. Um 11.32 Uhr begannen die Vorbereitungen mit dem Durchgehen der Checkliste für Start und Rendezvous. Dann wurden die Bahndaten des CSM sowie die Position des LM auf der Mondoberfläche (die allerdings nur ungefähr bekannt war) in den Bordrechner des LM eingegeben, der daraus den Startzeitpunkt und die Brenndauer des Triebwerks der Aufstiegsstufe berechnete.

Die Panorama-Kamera auf der Mondoberfläche, die die EVA übertragen hatte, zeigte nur das verlassene Exkursionsgebiet mit einsam stehender Flagge sowie das LM von außen. Ein Bild ohne jede Bewegung – gleichsam ein Mond-Stillleben mit Fähre und Flagge. Kurz bevor das Aufstiegstriebwerk um 13.54 Uhr zündete, minimalisierte man das Fernsehbild, medial sensibel, sogar zu einer Schwarzblende, da man den Zuschauern nicht zumuten wollte, live mitzuerleben, wie die beiden Astronauten im Fall einer Fehlfunktion des Triebwerks auf dem Mond strandeten (was sie zum Tode verurteilt hätte).

Doch liefen Aufstieg wie Rendezvous, per Automatik-Steuerung ohne Eingriff der Astronauten oder Mission Control reibungslos ab und dreieinhalb Stunden nach dem Start von der Mondoberfläche koppelten das CSM und die Aufstiegsstufe des LM aneinander. Auch das anschließende Umladen der Gesteinsproben sowie der Umstieg von Armstrong und Aldrin ins CM lief nach Plan. Das Gleiche galt für die Trans Earth Injection (TEI), den Einschuss in die Rückkehrbahn zur Erde.

Bereits auf der zweitägigen Rückreise, 18 Stunden vor der Landung, zog Buzz Aldrin bei der siebten und letzten Liveübertragung das Fazit der Mission:

„Wir haben hier die Ereignisse der letzten zwei oder drei Tage besprochen, und wir sind zu der Schlußfolgerung gekommen, daß dies weitaus mehr war, als nur drei Männer auf einer Reise zum Mond. Mehr noch als die Anstrengungen eines Regierungs- und Industrieteams. Mehr sogar noch, als die Anstrengungen einer Nation. Wir empfinden dies [vielmehr] als ein Symbol der unersättlichen Wißbegier der ganzen Menschheit, das Unbekannte zu erforschen … Wir haben die Herausforderung, zum Mond zu fliegen, angenommen. Sie war unabweisbar. Die relative Leichtigkeit, mit der wir unseren Auftrag ausgeführt haben, kann – so glaube ich – der Tatsache zugeschrieben werden, daß die Zeit für diese Annahme reif war. Ich glaube, daß wir heute völlig in der Lage sind, größere Rollen in der Erforschung des Weltraums zu übernehmen …“

Mit der Landung von Apollo 11 im Pazifik um 12.50 Uhr Cape-Kennedy-Zeit hatten die Amerikaner die Forderung Kennedys, noch vor Ende des Jahrzehnts einen Menschen zum Mond und wieder sicher zurückzubringen, erfüllt. Und gleichzeitig, so schien es, das Tor zu den … na ja: nicht zu den Sternen, aber doch zu den Planeten des Sonnensystems weit geöffnet. Auch politisch war Apollo 11 ein voller Erfolg, denn die Sowjetunion startete am 21. Juli 1969 – Apollo 11 befand sich noch auf dem Mond –, die unbemannte Sonde Luna 15 Richtung Mond, um den Amerikanern wenigstens ein bisschen die Show zu stehlen, doch zerschellte die Sonde beim Landeversuch im Mare Crisium. Die Amerikaner hatten also auch den Wettlauf zum Mond auf ganzer Linie für sich entschieden.

Crew in Quarantäne
(c) NASA
Die Apollo-11-Crew in der Quarantäne

Zuerst dachte man daran, die nächste Mond-Mission bereits zwei Monate später zu starten. Doch nachdem die Astronauten am 10. August nach zwei Wochen aus der Quarantäne – die man für nötig hielt, um eine Verseuchung der Erde mit Mondmikroben zu verhindern, falls der Mond doch nicht so tot sein sollte wie angenommen – entlassen wurden, schickte man sie auf PR-Tour durch die ganze Welt. Als mediales Ereignis gab es im Sommer 69 nur Woodstock als Konkurrenz, bei dem vom 15. bis 17. August auf einem Farmgelände bei Bethel im Bundesstaat New York zahlreiche Musiker auftraten. Dieses Konzert, dem über 400.000 Menschen beiwohnten (etwa so viele wie Ingenieure am Apollo-Projekt arbeiteten), wurde, obwohl genau genommen nurmehr Abklatsch der einstigen Hippie-Bewegung an der Westküste, zu einem Symbol der Hippie-Bewegung, zu ihrem endgültigen Ende und – wie Apollo – zur Legende.

Die Astronauten-Tour dauerte länger als vorgesehen – schließlich feierte sich die NASA und wollte der Welt ausgiebig Gelegenheit geben mitzufeiern –, und so verschob man den Start von Apollo 12 bis in den November. Als Charles Conrad, Richard Gordon und Alan Bean dann am 14. November aufbrachen, kam es zu zwei Zwischenfällen (einem gefährlichen und einem peinlichen):

36 Sekunden nach dem Start schlug der erste Blitz, 16 Sekunden später ein zweiter Blitz in die Rakete ein und ließ die Elektronik des CM ausfallen; ein paar Sekunden lang sah es so aus, als müsste die Mission per Rettungssystem abgebrochen werden. Aber die Saturn V blieb unbeirrt auf Kurs, alle Systeme der Rakete selbst schienen zu funktionieren. John Aaron, EECOM bei Apollo 12 und einer der Besten seines Fachs, schlug Alan Bean vor, auf Notstromversorgung umzuschalten. Und das hatte den gewünschten Effekt: Die Instrumente im CM lieferten wieder Messwerte. Beim Check in der Erdumlaufbahn stellte sich heraus, dass die Blitzeinschläge keine gravierenden Schäden angerichtet hatten (nur ein paar unwesentliche Sensoren waren ausgefallen). Apollo 12 erhielt also das Go für den Flug zum Mond.

Crew von Apollo 12
(c) NASA
Die Crew von Apollo 12: Charles Conrad (Commander), Richard Gordon, Alan Bean

Auf der Mondoberfläche — die Pete Conrad mit den Worten „Für Neil mag das ein kleiner Schritt gewesen sein, für mich ist es ein riesengroßer“ betreten hatte — stellten Bean und Conrad die TV-Kamera in Panorama-Position auf, die diesmal auch die EVAs in Farbe übertragen sollte, vergeigten es aber, weil sie dabei versehentlich das Objektiv direkt in die Sonne richteten, was die Optik sofort zerstörte. Die beiden EVAs konnten nur noch als Hörspiel übertragen werden, allerdings als ein hörenswertes, denn bei keiner anderen Mondmission waren die Astronauten so gesprächig (und witzig) wie bei Apollo 12.