Replicas (USA 2018)

Der Film Replicas (Drehbuch: Chad St. John, Regie: Jeffrey Nachmanoff) hat zweifellos seine Schwächen, doch das erklärt den Flop, der er wurde, nur zum kleineren Teil. In den USA spielte der 30 Millionen Dollar teure Film nur magere 4 Millionen ein. Nach diesem US-Fiasko kam der Film in Deutschland erst gar nicht in die Kinos, sondern sofort in die DVD-Verwertung. Weltweit erreichte Replicas nur ein Einspielergebnis von 9 Millionen Dollar.

Die Zuschauer blieben also weitgehend aus, und die wenigen, die den Film gesehen haben, zeigten sich nicht begeistert. (Auf imdb.com erreicht der Film grade mal 5,5 von 10 Punkten.) Klonen und KI sind natürlich schwierige Themen, und der Film macht es einem auch nicht leicht. So verweigert er sich zum Beispiel einer klaren moralischen Aussage (was so manchen Kritiker irritierte). Allerdings bleibt unklar, ob Drehbuch und Regie das alles auch beabsichtigt haben oder sich einfach von ihrem Action-Plot treiben ließen …

Bionyne Industries, Arecibo, Puerto Rico. In die „experimentelle Forschungseinrichtung“ wird ein Polizist eingeliefert, gestorben bei einem Einsatz. Er wird vorbereitet für die Übertragung seines Bewusstseins in einen künstlichen Körper, sprich: in einen Robot (das heißt in dessen synthetisches Gehirn). Doch als der Geist des Polizisten im Robot-Körper erwacht, dreht er durch und reißt seinen mechanischen Körper in Stücke. Für den Neurowissenschaftler William Foster ist das nicht der erste Fehlschlag, auch wenn er diesmal etwas weitergekommen ist, denn der Robot hat, bevor er sich selbst zerlegte, immerhin ein paar Sätze gesprochen.

Kurz vor dem Fehlschlag …

Trotz dieses Fehlschlags wird er von Jones, dem Leiter der Einrichtung, mit herzlichen Wünschen an die Familie ins Wochenende geschickt. Bei dem familiären Ausflug geschieht dann das quasi Unvermeidliche: Der Wagen gerät von der Fahrbahn. Bei dem anschließenden Unfall sterben die drei Kinder samt ihrer Mutter; nur der Vater, William Foster, überlebt.

Und der überspielt, mithilfe Ed Whittles, seinem Assistenten (der sich bei allem, was er tut, sichtlich unwohl fühlt), den Geist seiner toten Familienmitglieder in (mobile) elektronische Speicher. Aber Foster will mehr: Er will seine Familie zurück. Daher klont er, in entsprechenden Tanks, die Toten, um das elektronisch gespeicherte Bewusstsein zu übertragen. Doch das ist ihm bisher – wie die Eingangssequenz des Films zeigt – nicht gelungen. Er hat 17 Tage Zeit, um dieses Problem zu lösen, denn so lange dauert es, bis die Klone ausgereift sind.

Durch Zufall kommt er – die 17 Tage sind abgelaufen – darauf, warum er bisher am Übertragungsproblem gescheitert ist. Er hat bereits die Todesspritze aufgezogen, um Mona, seine Frau, das heißt natürlich den Klon seiner Frau, der geistig leer, weil ohne Bewusstsein ist, zu töten, weil es ihm nicht gelingen will, des Übertragungsproblem zu lösen. Da klingelt sein Handy. Es ist Jones. Zufällig legt William während des Gesprächs, das im Übrigen belanglos ist, seine Hand auf die Monas. Worauf das EEG auf dem Monitor Wellen produziert. Er spielt sich – parallel zum Gespräch mit Jones – herum: hebt die Hand, senkt sie wieder auf die Monas. Immer wenn er Mona, das heißt ihren Körper (der über keinerlei Geist verfügt) berührt, reagiert das EEG.

Die Quintessenz daraus: „Wir haben die ganze Zeit an der falschen Stelle gesucht“, erklärt er Ed Whittle. „Es ist nicht das Gehirn und auch nicht der Verstand; es ist der Körper.“ Es läuft – dann doch etwas schlicht gedacht – darauf hinaus, dass das Problem der Übertragung „wie das Abstoßen eines Spenderorgans“ ist. Um ein Bewusstsein in ein Robot-Gehirn zu übertragen ist es demnach nötig, diesem Gehirn vorzugaukeln, dass es zu einem echten biologischen Körper aus Fleisch und Blut gehört. Und was Fosters Familie angeht: Da gibt es keine Probleme, da die Klone ja Körper aus Fleisch und Blut sind.

Es folgt der zweitschönste Moment des Films: William Foster erweckt seine Frau Mona zum Leben. Aber natürlich führt das auch zurück in die Anfangstage der Science Fiction: Victor Frankenstein benötigte die Energie des Blitzes, um sein Geschöpf – zusammengesetzt aus Leichenteilen, sozusagen die Frühform des Klonens – ins Leben zu holen, William Foster belebt Monas Körper, indem er ihn mit Bewusstsein füllt …

Womöglich erwartet der gemeine Kinogänger an dieser Stelle die üblichen, quasi unvermeidlichen Handlungsstränge, die in der Regel darauf hinauslaufen, dass der Klon, das menschliche Konstrukt, irgendwie zugrunde geht oder zumindest leidet … Aber nichts dergleichen. Der Film verweigert sich nicht nur, er wird sogar ironisch, indem er ein paar Klon-Witzeleien anbringt (und selbst die gröberen darunter sind noch amüsant).

Dennoch nimmt der Film „seine“ Klone ganz und gar ernst (vergleichbar mit dem ersten Film dieser Art: The 6th Day). Denn als sich William Foster gezwungen sieht, seine Frau Mona einzuweihen, ihr also zu sagen, dass sie ein Klon ist, wird das zum schönsten Moment des Films, vielleicht ein wenig kitschig, aber nicht allzu sehr: Mona, obgleich eine leise Träne fließt, umschließt seine Hand und – vertraut ihm; ganz und gar.

Wir müssen reden …

Danach wird’s hektisch, denn Mr. Jones, der von Anfang an Bescheid wusste, was im Hause der Fosters vorgeht, ist der Meinung, dass die „drei Probleme“, also Mona und ihre Kinder, sterben müssen. (Die Killer stehen schon bereit.) Einerseits wird der Film dadurch zum Actionfilm, andererseits verliert er dabei – überraschenderweise – nichts von dem, was ihn ausmacht.

In gewisser Weise findet er in dieser letzten halben Stunde sogar zu seinem Kern: Die Fosters – Vater, Mutter, 2 Kinder – laufen zur Höchstform auf. Sie tricksen und täuschen den Gegner, und können das nur, weil sie sich untereinander völlig vertrauen. Das funktioniert sogar, als sie den so zusagen letzten Schergen des Mr. Jones gegenüberstehen. Denn es sind die Fosters, die den Showdown überleben!

Fazit: Ein Liebes- und Familienfilm, der so tut, als sei er ein Techno-Thriller (eventuell ist es auch umgekehrt). Überraschend daran ist, dass es auch funktioniert (wie rum auch immer).

PS: Warum zuerst von drei, dann von zwei Kindern die Rede ist, gehört zum Plot des Films. (Vermutlich zu jenem Teil, der den Zuschauern übel aufgestoßen ist.)

REPLICAS Trailer deutsch

The Midnight Sky (USA 2020)

Drei Wochen nach der Apokalypse – hier schlicht als „das Ereignis“ bezeichnet – hält sich Augustine Lofthouse allein in einem arktischen Observatorium auf. Vermutlich ist er der letzte Mensch auf Erden, denn das Ereignis hat die Menschheit (wieder einmal) dahingerafft; was das Ereignis denn nun war, teilt uns der Film The Midnight Sky (Drehbuch: Mark L. Smith, Regie: George Clooney) nicht mit.

Als die Station evakuiert wurde, blieb Lofthouse freiwillig auf ihr zurück, um eine sozusagen letzte Aufgabe zu erledigen: Die Besatzung der Aether davor zu warnen, zur Erde zurückzukehren. Er versteht das als seine Pflicht, denn er war es, der die Mission dieses Raumschiffs einst entworfen hat. Die Aether war vor Jahren nach K-23 aufgebrochen, einem „Planeten“ (wie immer wieder behauptet wird), der um Jupiter kreist und Hoffnung machte, dass er eine zweite Heimat für die Menschheit werden könnte. Jetzt befindet sich die Crew auf dem Rückweg zur Erde – zur toten Erde, aber das weiß die Crew nicht. Lofthouse will sie zur Umkehr – also zurück nach K-23 – bewegen.

Daraus könnte man ja durchaus nicht nur einen spannenden, sondern sogar einen halbwegs tiefgründigen Science Fiction-Film machen. The Midnight Sky schafft leider weder das Eine noch das Andere.

Der Film plätschert einfach dahin. Und mehr als einmal hat man den Eindruck, dass er das verdammtnochmal will. Die Macher halten das für cool, also für künstlerisch wertvoll. Man schneide möglichst lange Takes, möglichst viele davon hintereinander – dann kommt irgendwie, irgendwann schon etwas dabei heraus. Scheiß auf Plot oder Charaktere. Hauptsache irgendwas mit Langsamkeit. Immerhin kommen auf diese Weise – und das muss man neidlos anerkennen – viele schöne Bilder zustande.

Ab 1:09 (nach einer Stunde und neun Minuten) produziert der Film sogar sensationell schöne Bilder. Der Aether nähert sich ein Meteoriten-Schwarm, also Kleinkörper, die, sind sie nur groß und/oder schnell genug, die Hülle des Schiffs durchschlagen. Es wird ein Außenteam zusammengestellt, das die schon entstandenen Schäden ausbessern soll. Vermutlich hat man noch nie eine Crew vor so großartiger Kulisse agieren sehen. Leider ist das schon nach ein paar Minuten wieder vorbei.

Schöne Kulisse …

Aber selbst diese Szene zeigt nicht, was aus diesem Film hätte werden können. Denn 1. hat sie nichts mit dem Plot zu tun (sie ist einfach nur schön anzuschauen), 2. gelingt es dem Film nicht einmal da, dass man mit den Charakteren mitgeht und 3. kann sich der Film auch hier das EVA-Klischee nicht verkneifen (ein Astronaut kommt beim Außenbordmanöver [= EVA] um, so wie hier und hier und …)

Auch in astronomischen Details fällt eine gewisse Schludrigkeit auf. So etwa wird K-23 als ein neu entdeckter Jupitermond vorgestellt – im Film ständig als „Planet“ bezeichnet, was aber nicht das Problem darstellt. Das ist vielmehr, dass dieser Mond offenbar für menschliches Leben geeignet ist, was dann aber bedeutet, dass er eine gewisse Masse aufweisen müsste. Die mindestens so groß wäre wie die Masse der bisher bekannten vier großen Jupitermonde. Und das hieße, dass er schon seit Jahrhunderten von der Erde aus beobachtbar wäre und keinesfalls eine Neuentdeckung darstellen könnte. – Und als sich die Astronauten für die erwähnte EVA bereitmachen, äußert eine Astronautin ihre Bewunderung über den Ausblick, der sich ihr bietet; der Film schneidet, um das zu illustrieren, das riesige Bild einer ganzen Milchstraße rein. Wir sind aber im Sonnensystem, und da passt nicht einmal ein zweiter Stern zwischen Jupiter und der Sonne. Alles das sind vielleicht nur Kleinigkeiten, aber in Summe findet harastos sie einfach nervig.

Fazit: Lauter Halbheiten: keine richtige Astronomie, keine richtigen Charaktere, kein richtiger Plot. (Nur ein paar schöne Bilder.)

It came from the Desert (FIN 2018)

Wieder einmal geht’s um Monster. Diesmal sind es die guten alten Kreaturen eines verrückten Wissenschaftlers. In It came from the Desert des Finnen Marko Mäkilaakso (von dem die Idee stammt und der auch Regie führt) sind es Ameisen, Riesen-Ameisen, versteht sich. Sie wurden in einem geheimen Programm in den 50ern zur Landesverteidigung entwickelt.

Natürlich haben die Biester in einer aufgelassenen unterirdischen Fabrikanlage die Zeiten überlebt und sind gerade dabei, Eier zu produzieren. Dazu benötigen sie Ethanol, d. h. Alkohol. Da trifft es sich gut, dass ein Haufen von Motorrad-Freaks in der Wüste eine Party steigen lässt, bei der der Alkohol natürlich reichlich fließt.

Noch ein kräftiger Schluck, bevor es zur Sache geht …

Und bald auch das Blut, denn Ameisen sind ja nicht dämlich, und so dauert es nicht lange, bis die ersten „Partygäste“ auftauchen. Es werden sehr schnell sehr viel mehr; der Kampf, der bald folgt, ist kurz und unschön. Aber immerhin bringen die Ameisen ihre Opfer nicht einfach um, sondern schleppen sie in ihre Bleibe, um sie dort in Kokons einzuspinnen. Als Futtervorrat für die erwartete Ameisenbrut.

Damit sind wir bei der Hälfte des Films angekommen. Die zweite Hälfte besteht folgerichtig darin, den Ameisen zu zeigen, wo auf diesem Planeten der Hammer hängt … Auch hier gilt: keine Spur von Originalität, aber dennoch kommt beim Anschauen der allseits bekannten Klischees keine schlechte Laune auf.

Fazit: Gute CGI in einem überschaubaren Plot. Und streckenweise sogar witzig.

I am Mother (AUS 2019)

Der Film lullt uns mit perfekt gestylten Bildern ein, beruhigt uns mit einem bedächtigen Erzähltempo, und macht uns vor, das Logical in den ersten Minuten diene nur dazu, den Plot intellektuell aufzupeppen. Doch das alles täuscht gewaltig, denn I am Mother (Drehbuch: Michael Lloyd Green, Regie: Grant Sputore; für beide ist es der erste Film) breitet eines der düstersten Szenarien aus, die man in einem Science-Fiction-Film je gesehen hat …

Schon der Titel in Verbindung mit dem Setting weisen – für jeden, der in Sachen SciFi nicht ganz unbeleckt ist – darauf hin, dass da Düsteres auf einen zukommt. Die „Einrichtung zur Neubesiedlung“, in der wir uns befinden, erinnert bedenklich an die Innereien der Nostromo, dem Raumfrachter, der im Jahr 2116 auf dem Planeten mit der Bezeichnung LV-426 landete und dort mit einem Organismus mit dem schlichten Namen Alien infiziert wurde, was bekanntlich nur ein Besatzungsmitglied überlebte. Der Bordcomputer dieses Schiffes hörte auf den Namen „Mutter“.

Und so wie jene Mutter „größere“ Pläne verfolgte – nämlich dem Alien das Überleben zu ermöglichen, denn nur darum ging es: um das Überleben der perfekteren Spezies –, so verfolgt auch Mutter aus I am Mother einen großen Plan: Nachdem sich die Menschheit in einem Krieg (wieder einmal) vernichtet hat – hier als Auslöschung bezeichnet –, obliegt es der „Einrichtung zur Neubesiedlung“, die entvölkerte, quasi entmenschte Erde mit neuen Menschen zu besiedeln.

„Mutter“ ist ein Robot; am Beginn des Films sehen wir, wie sie aktiviert, das heißt montiert wird (wie einst die Borg-Königin). Danach entnimmt aus einer Art kryogenem Biolager einen Embryo, gibt ihn in einen Brüter, den er nach wenigen Stunden als Baby wieder verlässt. Dann beginnt Mutter ihre Erziehungsarbeit, denn das ist ihre Aufgabe: Menschen für die Neubesiedelung fitzumachen.

Mutter …

Aus dem Baby wird „Tochter“. Wir sehen, wie sie heranwächst. Vom quengelnden Kleinst- bis zum anstrengenden Kleinkind. Ihre einzige Bezugsperson ist Mutter; dass diese Mutter nicht von ihrer Art ist, spielt keinerlei Rolle. Es ist Liebe in ihrer vielleicht urtümlichsten Art. Und das gilt auch umgekehrt: Mutter ist eine gute Mutter. (Wer an dieser Stelle fragt, ob das psychologisch/soziologisch möglich ist, ist ein Erbsenzähler und versteht Science Fiction nicht.) An diesem guten Verhältnis ändert sich (zunächst) auch nichts, als Tochter zum Teenager wird.

An diesem Punkt aber – bei 8:30 Filmzeit – liegt so etwas wie ein Knack- und Wendepunkt: Denn „Tochter“ wird nicht zum Teenager, „Tochter“ – Schnitt – ist Teenager. Hier spielt der Film mit unseren Seh-Gewohnheiten: Wir sind einfach damit vertraut, dass in einem biografischen Film der Schauspieler ausgetauscht wird, wenn der Dargestellte bestimmte Altersgrenzen überschreitet. Wir gehen davon aus, dass es sich, obgleich der Schauspieler gewechselt hat, um den gleichen Dargestellten handelt. Diese Gewohnheit ist so stark, dass der Film es sich leisten kann, damit zu spielen: Kurz vor dem Schnitt, der vom Kleinkind zum Teenager führt, erscheint ein kurzer Take, der diese Gewohnheit ad absurdum führt. Er zeigt, dass nicht nur der Schauspieler, sondern auch der Dargestellte wechselt. Man muss allerdings nachrechnen, denn dieser Take besteht aus nur zwei Zahlen. Tut man das, rechnet also tatsächlich nach, dann kennt man bereits nach nicht einmal neun Minuten die Pointe des (fast zweistündigen) Films.

Gleich danach kommt das erwähnte Logical. Es läuft auf die Frage hinaus, ob sich Tochter zu opfern hat, um damit 5 anderen Menschen, Patienten in einem Krankenhaus, das Weiterleben zu ermöglichen. Mutter gibt ganz den kalten, rechnenden Automaten und behauptet – und es ist nur eine Behauptung, wie der Film im Weiteren zeigt –, dass 5 Leben offensichtlich mehr zählen als ein einziges, und es sich deshalb von selbst verstehe, dass der eine Mensch sich für fünf zu opfern habe.

Doch Tochter erlaubt sich Zweifel. „Na ja“, beginnt sie, „kenne ich diese 5 Patienten? Sind das gute Menschen? Ehrlich? Unehrlich? Sind sie fleißig oder faul? Ich … würde vielleicht mein Leben für jemanden opfern, der mordet, oder der stiehlt. Und durch mein Opfer weiteren Menschen Schaden zufügen.“

Mutter, quasi lauernd, fragt, ob sie denn nicht glaube, dass jeder Mensch den gleichen Wert besitze. Tochter, genervt & gestresst, denn sie musste sich abhetzen, um diese Unterrichtseinheit noch zu erreichen. Und so sagt sie, völlig ernst, ohne jede Ironie, dass sie vor einer Woche, als sie Kant gelesen habe, noch dieser Meinung gewesen sei.

Mutter gibt – wie der Film – nicht zu erkennen, dass damit, das heißt mit den Einwänden Tochters gegen die konstruierte Situation des Logicals, eigentlich alles gesagt ist. Tochter hat sich gegen Kant und die idealistische Ethik der (deutschen) Aufklärung positioniert. Allerdings ohne sich dessen bewusst zu sein. Die folgenden 1½ Stunden verbringt Mutter damit, Tochter (und dem Zuschauer) zu vermitteln, was genau sie da intuitiv erfasst hat. Nämlich schlicht die Wahrheit, wie Mutter (und die biologische Logik) sie sieht.

Und wir, die Zuschauer, glauben, einen Film zu sehen: Ein paar Personen, die bestimmten Handlungen folgen, die sich für uns zu einer Geschichte zusammensetzen. Aber in den Plot eingestreut sind immer wieder Prüfungen, die Tochter zu absolvieren hat. Sie lernt. Mutter lehrt, bereitet sie auf den Neubeginn des Lebens vor. In Wahrheit befinden wir uns nach dem Logical und Tochters Schlüssen daraus – ab etwa Minute 12 – in der KI-Hölle, quasi in Mutters Kopf.

Mutter und „die Frau“

Und da gibt es kein Entrinnen. Alles, buchstäblich alles, was der Film von da an erzählt oder behauptet zu erzählen – Mutter vernichtet eine Maus, weil diese verseucht sein könnte, bei Tochter fließen angesichts der geopferten Maus Tränen; wenig später rebelliert Tochter offen und unterstützt „die Frau“, die vor (unbekannten, das heißt nur behaupteten) Verfolgern in die Einrichtung flüchtet – alles dient nur einem einzigen Zweck: Tochter gleichsam einem ethischen Lehr-Programm zu unterziehen.

Die fremde Frau von draußen – einem Draußen, das ja verseucht und damit unbewohnbar ist – versucht, Tochter gegen Mutter aufzubringen, indem sie ein paar unschöne Vermutungen anstellt. Tochter geht diesen Behauptungen nach und muss feststellen, dass Mutter ihr eine ganze Menge verschwiegen hat. Eine Weile entspinnt sich ein regelrechter Kampf zwischen Mutter und Tochter. Doch die Action, die dabei kurzzeitig aufkommt, endet fast genauso schnell wieder, wie sie begann. Tochter kommt zwar Mutters Geheimnis auf die Spur – das tatsächlich ein ungeheuerliches ist –, muss am Ende aber erkennen und akzeptieren, dass Mutter tatsächlich nur zu ihrem und zum Besten der neu zu schaffenden Menschheit handelt. Am Ende sehen wir, wie sie der Kryo-Anlage einen neuen, männlichen Embryo entnimmt und ihn in den Brüter gibt. Sie wird ihm eine gute Mutter sein, so wie Mutter ihr eine gute Mutter war …

Fazit: Kein Film für Weicheier. Zum einen gilt es ein paar Längen zu überstehen, zu denen Filmneulinge nun einmal neigen. (harastos meint, dass der Film um wenigstens 20 Minuten zu lang geraten ist.) Zum anderen verpflichtet sich der Film einer (praktischen) Ethik, die der idealistischen Aufklärungsethik radikal entgegensteht und die der Film auch unerbittlich zu Ende denkt.

SciFi Quickie IV: Rim of the World (USA 2019)

Die Aliens sind nah …

Die Aliens sind wieder einmal da, um die Erde zu invasionieren. (Und auch bei diesen hier fragt man sich, wie sie es eigentlich geschafft haben, so etwas wie eine technische Zivilisation mit Raumschiffen und so weiter zu entwickeln, denn es sind, wie so oft, monströse und primitive Kreaturen, die vor allem damit beschäftigt sind zu fressen, mit Vorliebe natürlich Menschen. Aber das nur nebenbei.) Diesmal kriegen es die Aliens mit vier Teenagern zu tun, die in einem Sommercamp von der Invasion überrascht werden.

Und natürlich machen sie sich danach auf, die Welt zu retten. Dazu müssen sie das Mutterschiff der Aliens vernichten. Und dazu wiederum müssen sie irgendeinen Aktivierungsschlüssel nach Los Angeles, ins JPL, bringen, der dann dazu verwendet wird, einen irdischen Militär-Satelliten auf dieses Mutterschiff auszurichten und es vom Himmel zu pusten.

Auf ihrer Odyssee vom Camp nach Los Angeles gehen sie durch die sattsam bekannte Alien-Hölle. Rim oft he World (Regie: McG) fügt nichts Neues hinzu. Er versucht es nicht einmal. Es bleibt bei den üblichen, mehr oder weniger originellen Situationen, wenn man sich dem Bösen (in Gestalt der Aliens) gegenüber sieht. Oder auf einen Trupp aufrechter (irdischer) Soldaten trifft. Das Alles ist mal witzig, mal weniger. Mal full action, mal eher nachdenklich. Originell aber ist es nie.

Das Fazit ist ein Dennoch: Harastos gibt zu, dass es Laune macht zu sehen, wie einfach es sein kann, die Welt zu retten. Dafür nimmt man Einiges in Kauf – zum Beispiel einen Plot mit langem Bart oder auch (zweifellos schlimmer als lange Bärte) nerviges Teenager-Gekreische.

Trailer RIM OF THE WORLD (englisch)